2015 Werbellinsee VIII
29.05.2015, Werbellinsee (Brandenburg)
Man könnte den Tauchgang auch knapp mit den Worten „Viel gab’s nicht zu sehen. Bisschen Grünzeug. Wenig Fisch. Nett.“ beschreiben. Das würde aber keineswegs diesem schönen Tauchplatz „Märchenwiese“ am Werbellinsee in Brandenburg gerecht werden.
Die Märchenwiese
Ich bin immer wieder auf’s Neue fasziniert von diesem wundervollen See mit seinem so klaren Wasser inmitten des Brandenburger Forsts umsäumt von stattlichen Buchen und Erlen. Die weißen Quellwolken spielen mit ihrem Spiegelbild auf der beinah glatten Wasseroberfläche. Hier muss man einfach eintauchen.
Schon mehrfach habe ich vom Werbellinsee mit seinen vielen Einstiegsmöglichkeiten berichtet. Hier könnt ihr gern noch einmal nachlesen. Heute wählte ich für meinen Tauchgang die „Märchenwiese“ am Westufer des Sees. Ein direkter Parkplatz macht das Parken, Anrödeln und Einsteigen an dieser Stelle zu einem Kinderspiel.
Stichling, Grashecht und Krebsscheren
Mit dem Kopf unter Wasser taucht man ein in eine zauberhafte, grüne Unterwasserwelt. Felder von Krebsscheren heißen einen Willkommen. Die Sonnenstrahlen tanzen zwischen diesen ananasähnlichen Gewächsen. Stichlinge huschen zwischen den Blättern hin und her. Junge Grashechte verschmelzen mit diesem Unterwasser-Urwald und lauern auf eine gute Gelegenheit für einen leckeren Happen. Große Sumpfdeckelschnecken mit leuchtend grün gefärbten Schneckenhäusern säubern die Wege. Ich könnt‘ stundenlang zuschauen.
Der Krebsscherenwald geht über in eine Armleuchteralgenwiese, die unter der Last der Schneckeneigelege zusammenzubrechen droht. Tausende gallertartige Eigelege sichern den Fortbestand der Art für die nächste Generation. Vereinzelt kämpft sich das Raue Hornblatt in einem Dunkelgrün durch das helle Grün der Armleuchteralgen. Ab einer Wassertiefe von 4m endet der mächtige Wasserpflanzengürtel und wird abgelöst von sandigem Boden.
Ohrschlammschnecke auf Wanderschaft
Einzelne Ohrschlammschnecken ziehen sich zurück von der Eiablage in die Seemitte. Autobahngleich hinterlassen sie ihre Spuren. Ich halte inne und beobachte. Sie sehen lustig aus mit ihren dreieckigen Fühlern. Meine kleine Bugwelle und das Licht der Lampe lässt sie schnell in ihrem Schneckenhaus verschwinden. Mit ein wenig Ruhe und Geduld kommen sie jedoch wieder hervor und setzen ihre Reise fort.
Während ich das „emsige“ Treiben dieser schönen Tiere beobachte, schießen kleine Pfeile aus dem Schlamm, um im selbigen an anderer Stelle wieder zu verschwinden. Außer kleinen Staubwolken ist nichts zu erkennen. Ich denke mir, es sind Steinbeißer die zahlreich im Werbellinsee anzutreffen sind.
Ich tauche weiter über diesen sandigen Grund bevor ich dann in Richtung Schilfkante abdrehe. Die großen Armleuchteralgenwiesen sind schnell erreicht und übertaucht. Alte Baumstämme bieten vielen Dreikantmuscheln eine gute Siedlungsmöglichkeit. Flußkrebse graben ihre Höhlen unterhalb und überdauern den Tag in deren Schutz. Es gibt immer etwas zu entdecken. Große Schwärme von Plötzen und Ukelei nehmen vor mir Reißaus. Ich begebe mich auf den Rückweg.
Dreistachliger Stichling bei der Brutpflege
Vorbei an emporschießenden Teichrosen komme ich wieder im Krebsscherenwald an. Hier lege ich mich auf die Lauer und beobachte aufmerksam. Dreistachlige Stichlinge schwirren putzig im Schutze der Pflanzen hin und her. Ein schönes Exemplar erregt meine besondere Aufmerksamkeit. Er verweilt häufig an einem unscheinbaren Fleck. Eine reiskorngroße Öffnung am Boden wird von dem Stichling mit besonderer Sorgfalt beäugt.
Ein Nest? Tatsächlich. Ich habe mein erstes Stichlingsnest mit einem wunderhübschen Männchen bei der Brutpflege gefunden. Das Tier fächert emsig frisches Wasser in die Nestöffnung, trägt Material zusammen und bessert ständig aus. Mit Argwohn werde ich anfänglich zur Kenntnis genommen, sogar mit weit aufgerissenem, rotem Maul bedroht. Doch dann werde ich akzeptiert und der kleine Stichlingmann stört sich nicht mehr an meiner Anwesenheit. Ich bewundere den vollen Einsatz dieses kleinen Fisches. Und mir wird bewusst wie fragil diese, unsere Unterwasserwelt ist. Ein ungewollter Tritt, ein unvorsichtiger Flossenschlag und der Nachwuchs dieses Tieres ist verloren.
Sehen will gelernt sein
„Viel gab’s nicht zu sehen. Bisschen Grünzeug. Wenig Fisch. Nett.“ – Nein. Das Sehen will gelernt sein. Es sind manchmal die kleinen Dinge, die bezaubern und faszinieren und den Reiz unserer Tauchreviere in Deutschland ausmachen. Ein wunderschöner Tauchgang im Tauchrevier Deutschland.
Kennt ihr die Märchenwiese?
Freue mich auf eure Kommentare, Anmerkungen, Tipps, Links und Bilder.
Jeep 😉 und morgen zum „Kap Horn“ Du glücklicher!
Und das wird sehr gut. Ich freue mich drauf.