Yearly Archives: 2017
Tauchen im Bergbausee
27.10.2017, Zwenkauer See (Sachsen)
Heute nun soll es sein. Seit Monaten schieben wir einen gemeinsamen Tauchgang auf. Treffpunkt ist die Tauchbasis am Zwenkauer See. Ich bin mit Robert verabredet, Basischef, PADI Course Director und ein langer Freund des Tauchrevier Deutschland.
Ein starker Wind bläst dicke, graue Wolken über den Zwenkauer See. Mancherorts entlässt der Himmel die schwere Last in Form eines Platzregens. Schaumkronen zieren die Wellen des jungen Wassers. Mit jeder noch so kleinen Wolkenlücke taucht die Sonne das Ufer in ein prächtiges, herbstliches Licht.
Tauchen im Zwenkauer See
Ich erreiche die Basis nach 2 ½ Stunden Autofahrt und werde bereits von Robert und Steffen erwartet. Steffen hat sich für diesen Tag bereit erklärt, die verantwortungsvolle Rolle des Bootsführers zu übernehmen. Nach einem kurzen Hallo ziehen wir uns in einen der warmen Container zurück und planen unsere Tauchgänge. Wir wollen an das Ostufer übersetzen und den jungen, gefluteten Wald besuchen. Den zweiten Tauchgang werden wir operativ nach Wetterlage angehen.
Kamera und Ausrüstung stehen bereit. Schnell sind wir in unsere Anzüge gesprungen. Steffen wartet bereits im geschützten Hafen auf uns. Das rote Schlauchboot, getrieben von einem kräftigen „Mercury“, ist einsatzbereit. Noch wenige sichernde Handgriffe und wir begeben uns auf Kurs. Sobald wir das schützende Hafenbecken verlassen haben, schlägt uns eine ordentliche Briese entgegen.
Mystische Unterwasserwelt
Der Kapitän signalisiert das Erreichen des Zielortes. Die Boje ist ausgebracht. Check und wir fallen rücklings vom Schlauchbootrand in den See. Steffen reicht uns die Kameras und wir tauchen ab. Die Baumkronen des Waldes sind schnell zu erkennen. Ohne Laub und die Äste braun eingesponnen, überdauern sie als Zeitzeugen am Grund des Sees. Dieser Wald einer vergangenen Zeit erzeugt eine eigene, faszinierende Stimmung.
Am Grund schlängelt sich ein orange leuchtendes Band zwischen den Bäumen. Einem Fluss gleich treten Eisenoxide an die Oberfläche und werden von verwertenden Eisenbakterien in eine traumhafte Unterwasserlandschaft verwandelt.
Eisenoxide, Eisenbakterien
Das Wasser des ehemaligen Braunkohlereviers ist jung. Die Ausbildung des typisch heimischen Lebensraumes steht noch ganz am Anfang. Vorsichtig zeigen sich die ersten Pionierpflanzen wie Ähriges Tausenblatt, Wasserpest, verschiedene Laichkräuter und üppiger Tannenwedel. Robert teilt mit mir die Leidenschaft für unsere Unterwasserflora- und Fauna. So dokumentiert er nicht ohne Stolz jede Neuentdeckung in seinem See.
Mit dem Auge für die kleinen Dinge verweilen wir beinah endlos in dieser surrealen Kulisse. Hier ein kleiner Stichling, der sich im dichten Geäst der Bäume versteckt und dem Zooplankton nachjagt, dort eine Libellenlarve als Meister der Tarnung und anderenorts verdächtige Spuren im schlammigen Grund. Der See lebt.
Leben im Zwenkauer See
Der Gasvorrat ist endlich, daher steigen auch wir einmal auf. Die Oberflächenboje zeigt unserem ausharrenden Kapitän unsere Position. Pflichtbewusst sammelt er uns ein. Das Wetter hat sich verschlechtert. Den zweiten Tauchgang werden wir von Land aus unternehmen. Flaschen füllen, Aufwärmen und Taucherklön, dann stehen wir schon wieder bis zum Hals im Zwenkauer See.
Pioniere im jungen Bergbausee
Stattliche Hechte im üppigen Grün sucht man vergebens. Noch. Der Zwenkauer See überzeugt dennoch, von menschlichen Spuren des beflissenen Schaffens bis hin zum erfolgreichen Erstbesiedeln von Stichling, Flussbarsch, Bitterling und Barbe. Das Sehen will gelernt sein.
Den Tag lassen wir bei einer leckeren Pasta nebenan ausklingen. Robert hat noch vieles vor. Ich wünsche ihm alles Gute und eine glückliche Hand für unseren Zwenkauer See, einem weiteren Tauchrevier in Deutschland.
Kennt Ihr bereits den Zwenkauer See?
Freue mich auf eure Kommentare, Anmerkungen, Tipps, Links und Bilder.
Tauchen im Bisophärenreservat
08.10.2017, Tauchen im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin
Brandenburg ist wunderschön, zu jeder Jahreszeit. Das muss ich immer wieder feststellen. Brandenburg ist reich an Seen. Wir Taucher sollten der Eiszeit ein Denkmal setzen. Wirklich zahllose kleine und große Seen reihen sich in Rinnen, liegen in enger Nachbarschaft und entfalten ihre Schönheit inmitten stattlicher Wälder.
Und dies trübt auch ein wenig das Taucherherz. Ist das Brandenburger Wassergesetz in Bezug auf das Tauchen mit Gerät durchaus liberal, so kennt das Brandenburger Waldgesetz keine Gnade. Zufahrten, um das schwere Tauchgerödel an den See zu bringen sind eher Fehlanzeige. Ausgewiesene Landschaftsschutzgebiete wie das „Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin“ und Naturschutzgebiete wie das Weltkulturerbe „Grumsiner Forst“ verschärfen die Situation. Man muss sich gut informieren.
Seen im Biosphärenreservat
Die Seenlandschaft ist riesig, hier seien stellvertretend der Grimmnitzsee, Dovinsee, Grumsinsee, Gladbecker See, Wolletzsee, Peetzigsee und der Redernswalder See genannt. Erkundungen vor Ort in einmaliger Landschaft liefern wertvolle Informationen für einen möglichen Tauchgang. Erzählungen heimischer Uckermärker und Barnimer runden das Bild ab. Da ist von Schätzen die Rede, altem Kriegsgerät und Tiefenangaben von über 70 Metern. Abenteuerlich.
So manche Schönheit entpuppt sich allerdings als wirkliche Enttäuschung. Pflanzenlos, fischleer, ja beinah leblos zeigt sich eine enttäuschende Unterwasserwelt. Die Ursachen sind sicher vielfältig und die Einflüsse vielschichtig. Doch es gibt sie noch, lebendige und gesunde Seen, wahre Perlen. So zeigte sich auch unser heutiges Tauchrevier, dessen Namen ich bewusst nicht nennen möchte.
Schöne Unterwasserwelt
Nach dem Unwetter „Xavier“, der dem alten Buchenbestand ziemlich zusetzte, und dem anhaltenden Regen scheint die Sonne wie lange nicht. Die Herbstfärbung des Laubes der säumenden Bäume leuchtet in ihrem Schein. Es ist wundervoll, hier am Ufer des Sees zu stehen. Und noch mehr freuen wir uns den Kopf unter die Wasseroberfläche zu stecken.
Unter leuchtenden, neugierigen Blicken vielleicht zukünftiger Taucher stapfen wir in den See und machen die letzten Handgriffe. Check und Gluckgluck. Das Wasser ist grün geschwängert und hat Sichtweiten von 3-4 Meter. Sofort tauchen wir in eine artenreiche Pflanzenwelt ein. Schön und prächtig, doch bereits herbstlich geprägt. Wasserschlauch, Laichkraut, Raues Hornblatt, Hahnenfuß und Tausendblatt gehen mit zunehmender Tiefe in Wasserpest und Grünalgen über. Abgestorbene Biomasse vergangener Jahre wabern am Grund und geben keinen Halt für Muscheln. Zahllose Spuren des wandernden Flusskrebses sind schnell ausgemacht. Ist hier vielleicht noch ein Edelkrebs Zuhause?
Flora und Fauna im Herbst
Nach einigem Suchen entdecke ich den ersten Krebs, die kastanienbraunen Abdomen verraten den invasiven Kamberkrebs. Also auch hier. Mit nur wenigen Bewegungen ist er ganz im Schlamm versunken. Vereinzelt huschen kleine Flussbarsche im Schein der Lampe. Wir drehen eine ausgiebige Runde im See, um dann an das Ufer für den Rückweg zurückzukehren.
Kamberkrebs, Teichmuschel und Hecht
Felder von Hornblättrigen Armleuchteralgen zeigen das nahende Ufer an. Immer wieder bin ich von einer derartigen Pracht begeistert. Die kleinen Lauerjäger finden ideale Bedingungen, um den kleinen Plötzen und Barschen nachzustellen. Wundervoll. Ebenso imposant sind die zum Licht ragenden Triebe des Gewöhnlichen Wasserschlauchs, einem Fleischfresser (Karnivore). Unzählige Fangblasen sammeln das Zooplankton und decken zusätzlich den Nährstoffbedarf.
Gewöhnlicher Wasserschlauch (Utricularia vulgaris)
Eine wirklich beeindruckende Unterwasserlandschaft. Abgerundet wird das prächtige Erscheinungsbild durch Wiesen von Nixenkraut. Süßwasserschwämme klammern sich an den Halmen des Röhrichts. Es gibt endlos zu entdecken. Und so wundert es nicht, dass die Uhr schon eine Tauchzeit von gut 100 Minuten anzeigt. So langsam dringen 14 Grad Wassertemperatur durch und wir entsteigen mit einem Lächeln dem wunderschönen See.
Unterwasserimpressionen eines heimischen Sees
Die Sachen sind schnell verstaut und wir verabschieden uns zu neuen Tauchabenteuern im Tauchrevier Deutschland.
Dreistachliger Stichling
Dreistachliger Stichling (Gasterosteus aculeatus)
Kapitale Waller, imposante Spiegelkarpfen, elegante Schleie oder beeindruckende Hechte fallen uns bei unseren Tauchgängen in einheimischen Gewässern sofort ins Auge. Aber was ist mit den kleinen, beinah unscheinbaren Bewohnern dieses nassen Habitats?
In meinen Augen ist der Mikrokosmos unter Wasser mindestens ebenso interessant und spannend, und überlebenswichtig für die gesamte Flora und Fauna. Nur gelerntes Sehen lässt diese Schönheiten erkennen, ansonsten bleiben sie uns für immer verborgen.
Der kleine Barschartige
Der Dreistachlige Stichling ist ein Vertreter dieser kleinen Unterwasserwelt. Mit seiner durchschnittlichen Körpergröße von 5 cm ist er in der Tat schnell übersehen. Jungtiere und Weibchen sind ohnehin mit ihrer schwarzbraun, goldsilber marmorisierten Haut gut getarnt. Die Männchen hingegen erkannt man spätestens gut an ihrem orangeroten Paarungskleid und den türkisen Flanken und Augen. Stichlinge sind schuppenlos und artenspezifisch mit Knochenplatten „gepanzert“. Namensgebend und markant für den Dreistachligen Stichling sind seine drei vor der Rückenflosse aufstellbaren Stacheln.
Der kleine Räuber gehört zu den Barschartigen und ist in unseren einheimischen Gewässern (Salz und Süß) weit verbreitet. Kleingetier, Insekten, Larven und Würmer stehen auf seinem Speiseplan. Im Volksmund wird er auch mit Rotzbarsch oder Stachelbarsch bezeichnet. Zum Laichen ziehen jedoch alle Stichlingsarten in die Süßgewässer (anadrome Wanderfische).
Nestbau und Brutpflege
Der Stichling baut Nester zur Eiablage. Besser gesagt, das Männchen baut Nester am Boden. Dabei fächert es eine kleine Mulde aus und baut das Nest aus Pflanzenmaterial, welches es mit einem Nierensekret verklebt. Ist das Nest erst einmal fertig, lockt das Männchen das Weibchen mit einer Art Balztanz an. Wenn’s zwischen beiden funkt, schwimmt das Weibchen ins Nest und legt die Eier ab. Das Männchen besamt diese danach, verjagt die Braut und übernimmt die Brutpflege – Wache, Nestreparaturen, Zufächeln von frischem Wasser und Umsorgen der frisch geschlüpften Jungtiere.
Brutpflege bei Stichlingen
Für mich ist es immer wieder aufregend, diesen kleinen, tapferen Fischen bei ihrer aufopfernden Arbeit zuzuschauen, denn besonders die wandernden Exemplare sterben nach diesen Strapazen. Der Dreistachlige Stichling wird mit seinen 2-3 Jahren ohnehin nicht sehr alt. Das Wissen um die Dinge hilft zu verstehen und schützt unser Tauchrevier mit seiner bezaubernden Flora und Fauna.
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Nachttauchen im heimischen See
Nachttauchen Sommer 2017
Das Tauchen in unseren heimischen Gewässern wird leider immer noch unterschätzt. Dabei bietet die artenreiche Unterwasser-Flora und Fauna dem Taucher unendlich viel zu bestaunen. Ein besonderes Erlebnis sind die Nachttauchgänge. Mit einsetzender Dämmerung betreten nachtaktive Protagonisten die nasse Bühne und verändern das gewohnte Erscheinungsbild. So fasziniert von der dunklen Unterwasserwelt, stieg ich diese Woche gleich drei Male nach Sonnenuntergang in das mein Element.
Kalksee
Immer wieder aufgeschoben, habe ich nun kurzerhand mein Tauchgerödel ins Auto gepackt und bin an den nur wenige Minuten entfernten Kalksee gefahren. In den Sommermonaten meide ich in der Regel diesen See ob der vielen Badegaste und dem regen Bootsbetrieb der Freizeitkapitäne. Die Ferien sind jedoch in Brandenburg zu Ende und mit eintretender Dunkelheit erwarte ich einen stillen See. Nun ja, Badegäste waren tatsächlich nicht mehr am Strand, doch der Bootsbetrieb findet jetzt unter Beleuchtung statt. Egal, ich mache mich fertig, packe meine Boje ein und trotte zum Ufer. Ein Motorboot ankert in der Bucht. Ich rufe den Skipper und stimme mit ihm meine taucherischen Unternehmungen ab.
Marmorgrundel. Neubürger im Kalksee
Die Sicht ist recht ordentlich. Im Schein meiner starken LED-Lampe tanzt das Zooplankton ganz vergnügt. Ich tauche zur Seemitte und möchte eine kleine Runde drehen. Doch ich kenne meinen See kaum wieder. Dreikantmuschelkolonien und flaches Brunnenmoos bestimmten das Aussehen des Kalksees unter Wasser. Vor mir türmen sich allerdings Wände von meterhohem Hornblatt. Ein Dickicht aus pflanzlichem Grün. Im Zickack schwebe ich vorsichtig mit meinem Kamerakraken in tiefere Gefilde. Fünf Meter, mehr erreiche ich nicht. Jetzt langsam beginnt sich der Dschungel zu lichten. Am Grund liegt ein breiter Teppich aus grünen Fadenalgen und hungrigen Bakterien. Mein letzter Tauchgang hier war im Juni bei fast Null Sicht. Ich bin wirklich überrascht, über diese starke Veränderung.
Der Marmorgrundel scheint es zu gefallen. Sie ist gekommen, um zu bleiben. Im letzten Frühjahr registrierte ich die Erstmeldung dieser invasiven Fischart im Kalksee. Der Erfolg ihrer Reproduktion ist unübersehbar. Zahllos, wirklich zahllos huschen die kleinen 1-2 Zentimeter langen Jungfische über den algenüberzogenen Grund. Blitzschnell sitzen sie auf meiner Kamera und suchen Schutz. Selbst in den Trieben des Rauen Hornblattes lauern sie auf kleine Beute. Sie bleiben allerdings nicht nur mir unentdeckt. Schwadronierende Flussbarsche versuchen die flinken Grundeln zu erbeuten.
Langsam muss ich umkehren. Der Zickzack-Kurs macht es mir nicht einfacher, den schmalen Ausstieg im Schilfgürtel bei totaler Dunkelheit zu finden. Das ankernde Motorboot mit seiner Bordbeleuchtung wird mir eine gute Orientierungshilfe sein.
Steinbeißer bei Nacht
Badegäste halten einen kleinen Bereich krautfrei und wälzen den weißen Sand stetig um. Den Steinbeißern gefällt’s. Im Schutz der Dunkelheit kommen sie aus ihren sandigen Verstecken und laben sich am Zoobenthos. Eine wirklich schöne Fischart. Zwischen ihnen huschen junge Kaulbarsche. Die nachtaktiven Jäger scheinen hungrig. Es ist so lebendig und wundervoll.
Straussee
Der Präsident des Tauchclub Strausberg, Micco, lud mich zu einem Nachttauchgang im Straussee ein. Ist der Straussee für seinen Fischreichtum bekannt, so wird er auch nachts nicht enttäuschen. Vor drei Tagen bin ich bereits mit einem Lächeln im Gesicht diesem See bei Nacht entstiegen. Ich zögerte also nicht.
18:00 Uhr treffen wir uns auf dem Vereinsgelände. Bis zur Dunkelheit bereiten wir die Tauchausrüstung vor und erzählen uns die neuesten Tauchgeschichten. Vier weitere Vereinsmitglieder treffen ein. Dann tauche ich ab, checke nochmals meine Ausrüstung und Kamera und bin in meinem Element.
Jungfische und Kamberkrebs
Die Dunkelheit verleiht der Unterwasserwelt eine besondere Stille. Die tagaktiven Schwärme von kleinen Flussbarschen und Plötzen haben sich am Grund des Sees zur Ruhe gesetzt. Nur wer eins mit der Umwelt wird, überlebt diese Nacht. Es ist absolut spannend zu beobachten, mit welchen Strategien die Beutefische den nachtaktiven Jägern trotzen. Junge Schleie graben sich tief ins Dickicht von Tausendblatt und Leuchteralge. Nur nicht bewegen. Kleine Barsche liegen hinter Steinen oder auf Ästen und Leinen und glauben sich so unsichtbar.
Wer sich bewegt, verliert
Und da ist er, der erste Jäger der Nacht, ein stattlicher Breitkopfaal. Mit seinem schlangenförmigen Körper schiebt er sich am Grund durch die Dunkelheit. Seine Kopfform erlaubt ihm, in kleine Höhlen und Verstecke nach Beute zu schauen. So jagen auch Muränen im Riff der Meere. Tagsüber sind Begegnungen mit einem Aal eher selten. Meist sieht man nur den Kopf oder Schwanz aus ihrer Ruhestatt luken. Der Hunger treibt sie nachts heraus. Stets in Bewegung sind die Fische für mich als Fotograf eine echte Herausforderung. Ich freue mich, diese Nacht mehrere Begegnungen mit der gefährdeten Art zu haben.
Nachtaktiver Jäger – Europäischer Aal
Es gibt so viel zu entdecken. Kaulbarsche, Steinbeißer, Plötzen, Schleie, Flussbarsche, Hechte und zu meiner Freude auch eine Quappe. Und so wundert es nicht, dass die Zeit in Vergessenheit gerät. In diesen Momenten erinnere ich mich gern an einen meiner Tauchlehrer, dem Italiener Mario Arena, der sagte: „Wenn alles da unten endlos scheint, das Atemgas ist es nicht.“. Nach gut 100 Minuten kehre ich um. Auf meinem Rückweg werde ich Zeuge von Kannibalismus. Flussbarsche scheuen sich nicht, ihren eigenen Nachwuchs zu fressen. Erstaunlich, was so alles in ein Fischmaul passt.
Kannibalismus
Am Ausstieg werde ich bereits von Micco und Ulf erwartet. Gemeinsam mit Silvia und Uwe wird bei einem zünftigen Dekobier und einer deftigen Bulette Tauchergarn gesponnen. Ein wundervoller Tagesausklang im Tauchrevier Deutschland.
Nachttauchen? Schon erlebt?
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2017 Tauchen in den Fernstein Seen
07/2017, Tauchen in den Fernstein Seen (Österreich)
Es gibt Gewässer, da muss man wirklich einmal gewesen sein. Der Samaranger See in Tirol ist einer von diesen wundervollen und weithin bekannten Taucherparadiesen. Da uns der Grüne See in Tragöß verloren ging, gibt es für einen Besuch der Fernstein Seen keinen Aufschub mehr.
Der Fernsteinsee und Samaranger See sind kleine, kristallklare Bergseen in Tirol, unterhalb des Fernpasses der Gemeinde Nassenreith in einer Höhenlage von gut 930 Metern. Beide Seen befinden sich in Privatbesitz und dürfen unter Einhaltung der Tauchordnung betaucht werden. Zwingende Grundvoraussetzung ist allerdings das Verbringen von mindestens zwei Nächten im benachbarten Schloss-Hotel Fernstein. Für Fernanreisende wie uns gibt es wahrlich „unangenehmere“ Auflagen. Wir entschieden uns für einen 5-tägigen Aufenthalt in der Woche. Eine sehr gute Entscheidung wie sich herausstellen wird.
Tauchen in den Fernstein Seen (Tirol)
Nachdem wir das Wochenende mit Freunden im schönen Bayern verbrachten, den Friedberger See erkundeten und die Steilwand Allmannshausen im Starnberger See hinabstiegen, erreichen wir am Montagmittag über den Fernpass das Schloss-Hotel. Wir wurden auf das Freundlichste empfangen und erhielten nach einer kleinen Erfrischung und dem Check-In eine Einweisung in die Tauchordnung.
Tauchordnung Fernstein Seen
80 bzw. 100 geloggte Tauchgänge werden für die Taucherlaubnis in beiden Seen vorausgesetzt, Ausbildungstauchgänge sind nicht gestattet. Am Fernsteinsee sind vier Einstiege ausgewiesen. Im Gegensatz zum Samaranger See sind Nachttauchgänge erlaubt. Im Samaranger See, dem Kleineren von beiden, werden maximal 6 Taucher gleichzeitig zugelassen. Hierfür liegt an der Hotel-Rezeption eine entsprechende Tauchliste aus. Der Einstieg in diesen Bergsee ist an nur einer Stelle zulässig.
Wenn man erstmalig in diese Seen eintaucht, wird man diese Regularien schnell verstehen, akzeptieren und auch wertschätzen. So wundervoll diese natürlichen Gewässer sich zeigen, so fragil sind sie auch. Die Seen sind weitestgehend eingezäunt, Zufahrten mit Toren gesichert und nur über eine Key-Card passierbar. Diese Maßnahmen sind aber auch dem Weidevieh geschuldet, welches die Uferbereiche der Seen freihält.
Samaranger See, Fernsteinsee
Das Schloss-Hotel wirbt mit „Taucherparadies Fernstein Seen“ und so verwundert es nicht, dass es an nichts fehlt. Eine Taucherbaude am Fuße des Schlosses und in direkter Nähe zum Hotelparkplatz beherbergt einen großzügigen und beheizten Trockenraum, sowie einen Selbstbedien-Kompressor. Jetons erhält man gegen Geld an der Rezeption. Nachdem wir unsere Sachen in dem fast leeren Räumen verstaut haben, mussten wir unbedingt ans Wasser.
Wow. Im strahlenden Sonnenlicht, eingebettet vom vielfältigen Grün des säumenden Waldes, spiegelt das Wasser des Fernsteinsees das Azurblau des Himmels. Welch ein schöner Anblick. Eine kleine Insel im See trägt die Ruinen des Jagdschlosses Sigmundsburg. Meine Frau und ich schauen uns an. Wollten wir eigentlich erst morgen tauchen, war uns klar, der See kann nicht warten. Und so stehen wir mit unserem Tauchgerödel am Einstieg 3 des Fernsteinsees.
Tauchen im Fernsteinsee
Die Taucheinstiege sind sehr komfortabel, Rödeltische, Liegen, Unterstellmöglichkeiten und einfache Wasserzugänge. Das Wasser schimmert klar. Trotz Sonne und warmen Sommerwetter sind die Wassertemperaturen mit 7-9 Grad bergisch. Während ich in meinem Trocki diesem Umstand gelassen entgegen blicke, erfährt meine Frau meine volle Bewunderung. Sie trotzt diesen Temperaturen mit einem 7mm Halbtrockenanzug.
Welche Sichtweiten, und dann noch dieses wunderschöne Sonnenspiel. Der nährstoffarme Bergsee ist am Grund flächendeckend mit Armleuchteralgen bewachsen. In diesem Teil des Sees erreichen wir eine maximale Tiefe von 9 Metern. Bachforellen weiden das Zooplankton von den jungen Trieben dieser schönen Makrophyten. Meine ersten Begegnungen mit Forellen in ihrem natürlichen Lebensraum. Die Mitte des Sees ist wenngleich schön, nicht außergewöhnlich. Wir tauchen zurück an das sonnengeflutete Ufer. Die Mischung aus Wurzelwerk, Bäume, Tannenwedel und Sonne lässt eine kleine Märchenwelt entstehen. Wir haben ein Riesenglück mit diesem schönen Wetter. Welch ein Auftakt. Kühles Bier, leckeres Essen und ein sehr freundlicher Service lassen den ersten Tag in Tirol ausklingen.
Bachforellen in den Fernstein Seen
Da liegt er nun, der Samaranger See. Ein prächtiges Farbspiel. Ein kleiner Bergsee, gerade mal 200 Meter in seiner längsten Ausrichtung. Auf den Bildern im Netz wirkte er auf mich größer. Allein das Verweilen am See in dieser tollen Kulisse ist traumhaft. Aufsteigende Blasen und das Leuchten der Pressluftflaschen in der Sonne verraten die beiden Taucher im Wasser. Man erkennt vom Ufer jedes Detail und schätzt eine maximale Tiefe von nur 2-3 Metern. Wir freuen uns auf unseren ersten Tauchgang im Samaranger See.
Strahlende Gesichter entsteigen dem Nass. Unsere Reise in eine faszinierende Unterwasserwelt beginnt. Der See gehört uns jetzt allein. Tauchen wir? Wo ist das Wasser? Man kann es nicht sehen. Wir müssen fliegen. Ein Wahnsinnserlebnis. Es ist nicht zu beschreiben, man muss es tatsächlich erleben. Die Sichtweiten, wenn man davon überhaupt reden kann, sind weitaus besser als im Fernsteinsee. Alles scheint unwirklich. Der See mit seinem spärlichen Leuchteralgenbewuchs ist schnell durchquert. Am anderen Ende, am Fuße des Berges liegen zahllose Baumstämme wirr wie in ein großes Mikadospiel. Dafür ist der Samaranger See weithin bekannt. Schleimalgen geben ihnen ein mystisches Erscheinen und zeugen von ihrer längeren Existenz. Erst die Referenz eines Tauchers machen die wirklichen Dimensionen dieses Naturschauspieles sichtbar. Traumhaft.
Fliegen im Samaranger See
Beliebte Unterwassermotive wie das Baumauge oder das Gedenkkreuz aus zahllosen Fotografien erkenne ich wieder. Die vielen „Foto-Shootings“ hinterlassen sichtbare Spuren von Modell und Fotograf. Die über die Jahre gewachsene „Haut“ im Umfeld ist aufgerissen und schafft es nicht zu verheilen. Das traurige Los entdeckter Paradiese. Wir Taucher hinterlassen Spuren. Dennoch bin ich fest überzeugt, Mensch und Natur gehören zusammen. Respektvolles und bewusstes Tauchen sichern den Erhalt dieser Naturschönheiten.
Wir verbringen noch ein wenig Zeit am See, lauschen dem Summen der Blumenwiese und lassen uns von der wärmenden Sonne wieder auf Betriebstemperatur bringen. Das Leben ist schön.
Faszination Samaranger See
In den nächsten Tagen werden wir noch einige Male in den beiden Seen tauchen und deren Schönheit genießen. Den letzten Tauchgang im Samaranger See mache ich gemeinsam mit Thorsten und Tobias, zwei leidenschaftlichen Tauchern aus Bayern und Freunden des „Tauchrevier Deutschland“. Persönliche Begegnungen dieser Art motivieren mich, für das Tauchen in unseren heimischen Gewässern in seiner Vielfalt unterwegs zu sein.
Tauchen im Samaranger See
Eigentlich war in dieser Woche auch ein Tauchgang im Blindsee unterhalb der Zugspitze geplant. Am Nachmittag erkundeten wir schon einmal die Gegend, wanderten vom Fernpass zum Ufer des Sees vorbei an wilden Orchideen. Der See scheint ein beliebter Platz für Wasser- und Badefreunde. Das tolle Wetter lockt zahlreich Badegäste. Der Blick zur Zugspitze bildet eine einmalige Kulisse. Wenige Taucher waren unterwegs. Der Blindsee machte mich durch seine Zanderfotos im Labyrinth kapitaler Bäume neugierig.
Wunderschöner Blindsee
Wir beschließen, uns für den morgigen Tag eine Taucherlaubnis vom Eigentümer in Lermoos zu besorgen. Somit könnten wir ohne Umweg am nächsten Tag direkt zum See. Tauchberechtigungen werden im „Mohr life“ Resort in Lermoos, bzw. in dem gegenüberliegenden Ducati-Cafe ausgestellt. Vor Ort erfuhren wir allerdings, dass Tauchgenehmigungen nicht im Voraus ausgestellt werden. Wir können morgen früh noch einmal wiederkommen. Erklären konnte man uns das nicht. Diesem Umstand verdanken wir weitere schöne Tauchgänge im Samaranger See.
Samstagvormittag hieß es Abschied nehmen. Wir checkten aus und erkannten an der für das Wochenende prallgefüllten Tauchliste für den Samaranger See alles richtig gemacht zu haben. Jetzt freuen wir uns auch wieder auf unser Brandenburg mit seinem weiten Horizont.
Wer kennt die Fernsteinseen?
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2017 Tauchen im Friedberger Baggersee
15.07.2017, Friedberger Baggersee (Bayern)
Was lange währt … Nun endlich stehen wir an den Ufern des Friedberger Baggersees nahe Augsburg in Bayern. Schon lange waren wir eingeladen, uns persönlich einen Eindruck von diesem schönen Baggersee zu verschaffen. Vor drei Jahren lernten wir Eva und Keith von den „Untertauchern“ auf der traumhaften Insel Bali im Ressort „Alam Batu“ kennen. Seither stehen wir in Kontakt und tauschen uns über unsere Taucherlebnisse aus. Der Friedberger Baggersee ist der „Haussee“ der beiden.
Seit einigen Jahren schlug Klaus Kohler, der die Tauchschule „Diving Team Augsburg“ in Königsbrunn betreibt, seine Zelte hier auf. Der wunderschöne See ist ein Relikt der Kiesgewinnung und nunmehr in privater Hand. Badegäste und Wassersportbegeisterte teilen sich das künstliche Gewässer. Während die Nordhälfte des beinah kreisrunden Sees einer Wasserski- und Wakeboard-Anlage vorbehalten ist, reihen sich Badende, Schwimmer, Taucher und die Wasserwacht im Süden aneinander. Wie uns Klaus erzählt, kann es an warmen Sommertagen schon recht voll am und im See werden.
Tauchen im Friedberger See
Der gesamte See mit seinen Uferbereichen macht einen gut sortierten, aufgeräumten und gepflegten Eindruck. Liegewiesen, Einstiege, Parkplätze, Zugänge sind den verschiedenen Betreibern zugewiesen. Die Tauchbasis der Tauchschule „Diving Team Augsburg“ ist in unmittelbarer Nachbarschaft der Wasserwacht Friedberg zu finden.
Wir sind mit Eva und Klaus um 08:00 Uhr an der Basis zu einem „Early Morning“ – Tauchgang verabredet. Nach einem freundlichen Wiedersehen und Hallo wollen wir schnell ins Wasser und verlegen das Schnacken auf Nach-dem-Tauchen. Das Wetter ist warm, sonnig mit einigen Schäfchenwolken. Das klare Wasser verspricht einen tollen Tauchgang. Ich bin begeistert. Klaus dämpft ein wenig meine Erwartung. Wenig später werde ich erfahren, was er meint.
Armleuchteralgen im Friedberger Baggersee
Bevor wir Eintauchen ein kurzes Briefing. Klaus möchte uns zum Wrack in einer Entfernung von ca. 160 Metern auf etwa 300 Grad führen. Dieses ist übrigens sehr gut auf Google-Maps zu erkennen. Wir werden jedoch nicht geradewegs unterwegs sein, sondern im See verschiedene Haken schlagen. Wir freuen uns und tauchen nach einem Check in die bayrische Unterwasserwelt ein.
Der Einstieg fällt seicht ab. Kies zeugt vom Ursprung des Sees. Nach wenigen Flossenschlägen beginnt ein dichter Unterwasserrasen aus Vielstachligen Armleuchteralgen. Ihre Vielzahl an Stacheln an der Stengelrinde macht sie beinah unverwechselbar. Das helle Grün der Makrophyten geht allerdings in der schlechter werdenden Sicht ein wenig unter. Die ersten Schleie erscheinen vor unseren Masken. Jede Scheu vor Tauchern verloren, sind sie kopfüber im Kies auf Nahrungssuche.
Schlei (Tinca, tinca) im Friedberger Baggersee
Der Untergrund des Sees ist zerklüftet und zerfurcht. Kleine Canyons und Hügellandschaften lassen eine interessante und nicht langweilig werdende Unterwasserlandschaft entstehen. Spätestens jetzt bin ich froh, Klaus als unseren Guide zu wissen. Das Wrack hätten wir sonst wohl nie gefunden.
Interessante Unterwasser-Formationen
Die Sicht wird schlechter. Sedimentwolken hüllen uns ein. Schatten. Große Schatten. Spiegel- und Schuppenkarpfen durchwühlen mit ihren ausgestülpten Rüsseln den Grund. Es sind Klaus Sorgenkinder. Bei seinen zahllosen Tauchgängen erkennt er gut die Wunden im Grün seines Sees. Die feinen Sedimente schwängern das Wasser und trüben die Sicht. Jedem Angler am See wünscht Klaus ein dickes „Petri Heil“.
Karpfenartige im Friedberger Baggersee
Wir schlängeln uns links und rechts durch die spannende Unterwasserlandschaft. Aber auch in der Vertikalen geht es auf und ab, von 2 auf 10 und wieder auf 2 Meter. Tannenwedel auf einer kleinen Anhöhe bieten Schutz für zahllose Jungfische vor den halbstarken Hechten. Es gibt viel zu entdecken im Friedberger Baggersee.
Ich weiß nicht wie, aber Klaus hat uns tatsächlich zum Wrack geführt. Ein Kajütboot ruht am Grund des Sees und ist eine kleine Taucherattraktion. Mir fällt dabei ein, ich habe Klaus gar nicht gefragt, wie das Boot dorthin kam. Vielleicht weiß es jemand von Euch? Nach einigen Fotos machen wir uns auf den Rückweg, natürlich nicht geradewegs, sondern schlängelnd durch die wirklich interessanten Formationen.
Wrack eines Kajütbootes
Vorbei an Krokodilen, Gartenzwergen und einer großen Schatzkiste. Die Hügelformationen weisen zahllose Verstecke, Löcher und Nischen auf und doch konnte ich nicht einen Flusskrebs im Baggersee erblicken. Klaus bestätigt mir später, dass er ebenfalls noch nie einen Krebs gesehen hat.
Eva hält inne, deutet mir etwas. Silbern blitzt eine große Scheibe in der Sonne. Ich tauche näher heran. „30 Jahre Untertaucher“ bekomme ich zu lesen. Über uns eine schwimmende Plattform. Wir müssen also ganz in der Nähe des Einstieges sein. Ein großer Hecht weckt abschließend meine Aufmerksamkeit.
Fundstücke im Friedberger Baggersee
Nach etwa 90 Minuten tauchen wir zufrieden auf. Vieles bekamen meine Frau und ich zu sehen, dank der exzellenten Führung. Der gesamte Seegrund ist bewachsen, durchzogen von Gräben und Formationen. Armleuchteralgen dominieren die Makrophytenwelt. Laichkraut, Tannenwedel, Hornblatt und Tausendblatt sind vereinzelt anzutreffen. Hier muss man einfach wieder eintauchen.
Während unsere Tauchflaschen mit bayrischer Luft gefüllt werden, schwatzen wir noch ein wenig mit Eva und Klaus bei einem heißen Kaffee. Zwischenzeitlich hat auch der Tauchsportclub Augsburg seine Zelte zur 50-Jahr-Feier am Friedberger See aufgeschlagen. Ein wunderbarer Tag im Tauchrevier Deutschland. Vielen Dank. Wir werden wiederkommen.
Der Hecht im Baggersee
Wer kennt den Friedberger Baggersee?
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2017 Tauchen im Groß Glienicker See
24.06.2017, Groß Glienicker See (Berlin/Brandenburg)
Manche Entscheidungen für ein Tauchziel werden spontan getroffen. Während ich an der östlichen Peripherie der Bundeshauptstadt Berlin zu Hause bin, liegt am genau anderen Ende der großen Stadt der Groß Glienicker See. Und mir scheint, ich bin der einzige Taucher der Umgebung, der noch nicht den Kopf in dieses Nass gesteckt hat. So erntete ich auch ein ungläubiges Kopfschütteln von meinem Buddy Fred, als ich ihn bat, mir doch einmal diesen für ihn längst nicht unbekannten See zu zeigen. Mit der Aussage: “Reist in der ganzen Welt rum und kennt nicht die Nahziele.“, willigte er schliesslich ein.
Der Groß Glienicker See, ein eiszeitliches Relikt und Bestandteil der großen glazialen Rinne aus Sacrower See und Heilige See bildet in seiner Nord-Süd-Ausrichtung die Landesgrenze zwischen Berlin und Brandenburg. Das Westufer gehört zum namensgebenden Ortsteil Groß Glienicke Potsdams, während das Ostufer dem Stadtteil Kladow von Spandau zugeschrieben wird. Zu Zeiten des geteilten Deutschlands verlief am Westufer die Grenzmauer zwischen der DDR und West-Berlin. Der See war somit nur den West-Berlinern zugänglich.
Tauchen im Groß Glienicker See
Auf der Berliner Seite befinden sich auch die bekannten und beliebten Taucheinstiege wie „Pferdekoppel“ und „Badestelle Moorloch“, unserem heutigen Einstieg. Während die Sonne heute Urlaub macht, treffen wir uns 9 Uhr an der Badestelle. Einige Tauchschulen und Tauchschüler schlugen bereits ihr Lager auf. Unsere beiden Autos schlossen die letzten Lücken der knappen Parkplätze.
Da stehe ich nun, bereit für den Abstieg in mein erstes Berliner Tauchgewässer. Kaum zu glauben, dabei hat die Hauptstadt einiges vorzuweisen. Entspannt schreiten wir über die Badewiese und schauen auf das Grau der im Wasser sich spiegelnden Wolken. Der sandige Strand fällt flach ab. Zusammengeharkte Haufen von welkem Hornblatt deuten auf ein eher mesotrophes Gewässer. Fred gibt mir ein paar Infos zum Tauchplatz. Wie immer werden sich unsere Wege unter Wasser trennen.
Makrophyten im Groß Glienicker See
Ohne Hektik steigen wir in die Anzüge und Ausrüstung und stehen bis zum Bauch im See. Der Strand beginnt sich zu füllen und die Retter vom benachbarten DLRG nehmen ihre Arbeit auf. Graugänse schimpfen lauthals über das schlechte Wetter. Letzte Hinweise, ein Check und wir sind abgetaucht.
Der sandige Strand geht ab einer Tiefe, in der die Füße der Badenden nicht mehr den Boden reichen, in eine Pflanzenzone über. Raues Hornblatt soweit das Auge reicht. Quälen sich anfänglich noch Halme Zerbrechlicher Armleuchteralgen und Tausendblatt durch das Dickicht, bestimmen nach wenigen Flossenschlägen die Hornblattgewächse das Bild des nährstoffreichen Sees. Die Sicht ist stark getrübt, nicht mehr als 2 Meter.
Ich schlage den Kurs West in Richtung Seemitte ein. Sedimentwolken lassen mich innehalten. Meist sind die Verursacher schnell ausgemacht. Zwei Schleien (Tinca tinca) sind auf Nahrungssuche. Sie stellen sich dabei mit der mächtigen Schwanzflosse auf, drücken ihr kräftiges, bartelbesetztes Maul in den Boden und stützen sich dabei mit den Brustflossen ab. Sie scheinen Taucher gewöhnt und lassen sich von mir nicht wesentlich stören. Schlechte Sicht, aufgewühlte Sedimente und nicht stillhaltende Fotomodelle machen ein Fotografieren nicht einfach. Ich ziehe weiter.
Schlei (Tinca tinca)
Hornblatt, Hornblatt und Hornblatt. Ihr dichter Wuchs erlaubt keinen Blick auf den Boden. Manchmal erscheinen dunkle Schatten vor der Maske, Hinweise auf Strukturen oder Gegenstände. Doch auch diese Gebilde sind Hornblätter. Der durch die Photosynthese produzierte Sauerstoff verfängt sich im dichten Blattwerk der Unterwasserpflanzen, erzeugt Auftrieb und reist so ganze Areale aus dem Boden, die wie kleine Inseln aufschwämmen und gute Versteckmöglichkeiten für Jungfisch wie Plötzen und Flussbarsche bilden. Ich bin gut 30 Minuten auf Kurs und in einer Tiefe von 7 Metern endet der mächtige Pflanzengürtel. Der braune Seegrund, eine dicke wabernde Schicht aus absterbender Biomasse bietet keinen Lebensraum für Schnecken und Muscheln.
Dominierendes Raues Hornblatt
Ich ändere meinen Kurs und drehe auf Nordost ab. Schnell erreiche ich wieder die Pflanzenzone. In Ufernähe begegnen mir die üblichen Vertreter von Weißfischen. Ein Amerikanischer Kamberkrebs hat seine Mühe in dem Krautdickicht. Zwei Schleien kreuzen meinen Weg. Viel mehr bekomme ich heute nicht mehr vor die Maske. Nach 90 Minuten steige aus dem See.
Fred wartet bereits am Auto und kann nicht verstehen, was man bei solchen Bedingungen so lange im Wasser macht. Youtube-Videos vom Groß Glienicker See beweisen, der See kann auch anders. Meine Tauchgänge bestätigen immer wieder, heimische Gewässer muss man entdecken und erkunden, dann geben sie auch ihre Schönheiten preis. Ich werde sicherlich wiederkommen.
Unterwasserwelt Groß Glienicker See
Populäre Tauchplätze wie dieser lassen den See zu einem Tauchertreff werden. Und so wundert es nicht, dass wir bekannte Gesichter treffen und klönen. Vor wenigen Monaten hat am DLRG-Badestrand die Tauchzentrale Berlin eine Tauchbasis eröffnet. Für mich eine gute Gelegenheit, mal vorbeizuschauen. Wer auf Basisinfrastruktur angewiesen ist und Geselligkeit sucht, findet hier eine kleine Oase mit wenigen Schritten zum See.
Tauchzentrale Berlin Tauchbasis
Den Tauchausflug in die Hauptstadt Berlin lassen wir mit einem leckeren Bierchen und Bratkartoffeln in benachbarter Gastronomie entspannt ausklingen. Ein Tag wie er mir gefällt.
Kennt ihr den Groß Glienicker See?
Freue mich auf eure Kommentare, Anmerkungen, Tipps, Links und Bilder.
Karpfen
Karpfen (Cyprinus carpio)
Wer in unseren heimischen Gewässern taucht, wird ihm ganz sicher schon begegnet sein, dem Karpfen. Eigentlich gehört er gar nicht in unsere Seen und Flüsse. Die ursprüngliche Heimat ist Asien, sind das Kaspische und Schwarze Meer. Seine europaweite Präsenz ist allein auf das menschliche Handeln zurückzuführen. Die Römer und Mönche, so liest man, sollen diesen beliebten Speisefisch nach Europa gebracht haben. Hier fand der recht anspruchslose Friedfisch perfekte Bedingungen und ist nunmehr in beinah jedem Gewässer anzutreffen.
Allerdings wird man meist nur die Zuchtform des Karpfens beobachten können. Der eigentliche Wildkarpfen mit seinem lang gestreckten Körper und der geschlossenen, goldgelben Schuppendecke ist selten geworden.
Spiegelkarpfen in heimischen Gewässern
Als Speisefisch erfolgt die Zucht des Karpfens in Aquakulturen, meist künstlichen Zuchtteichen. Als Schuppenkarpfen, Spiegelkarpfen oder Lederkarpfen werden diese dann vermarktet. Sehr beliebt ist der im hohen Alter sehr vorsichtige Fisch bei Anglern und findet als Besatzfisch so den Weg in unsere heimischen Gewässer. Klassisches Konfliktpotential.
Während die Petrijünger gern reichlich von diesen kapitalen Fischen, sie können bis 1,20 Meter lang und gut 40 Kilogramm schwer werden, in ihren Angelgewässern wissen wollen, verträgt der heimische See mit seiner Pflanzenvielfalt jedoch nur eine begrenzte Anzahl dieser „Wühler“. Ihnen wird eine Mitschuld an der Eutrophierung, also der Nährstoffanhäufung zugesprochen.
Schuppenkarpfen in heimischen Gewässern
Das Durchwühlen des Grundes nach Fressbarem wie Larven, Muscheln, Würmer (Zoobenthos) setzt gebundene Nährstoffe immer wieder frei, Wasserpflanzen werden ausgerissen und sedimentiert. Deren Wachstum stagniert und ihre wichtige Filterleistung und Sauerstoffproduktion fehlt dem See. Beliebtes Anfüttern und die Ausscheidungen sorgen ebenso für einen Nährstoffzuwachs. Bei meinen Tauchgängen habe ich immer wieder derartige Wühlplätze sehen können. Sie gleichen eher Mondlandschaften. Der nicht unerhebliche Einfluss der Karpfenfische auf das ökologische System ist nicht von der Hand zu weisen. Dennoch kann und werde ich nicht den Fisch verteufeln. Er geht nur seiner Bestimmung nach. Die eigentliche Ursache ist im Handeln von uns Menschen zu suchen.
Kapitale Karpfen
Eine Unterwasserbegegnung mit diesen scheuen Fischen ist für uns Taucher allerdings ein nachhaltiges Erlebnis. Das kann ich nicht verhehlen. Bevor man in Sichtweite zueinander kommt, hat der Karpfen unser Blubbern gehört und entscheidet für sich zu bleiben oder mit einem kräftigen Schlag der Schwanzflosse im Grün des Sees zu verschwinden. In künstlichen Tauchgewässern wie Steinbrüchen werden Karpfen neben Stören gern auch zur Steigerung der Gewässerattraktivität eingesetzt. Auch hier kann man auf eine weitere Zuchtform des Karpfens, dem Farbkarpfen (Koi) treffen.
Farbkarpfen (Koi) im Steinbruch
Ein markantes Merkmal des Karpfens sind die beiden Barteln an der Oberlippe des Mauls, mit deren Hilfe Nahrung im Boden aufgespürt wird. Das Maul lässt sich mehrere Zentimeter rüsselartig ausfahren und saugt gefundenes Futter staubsaugergleich ein.
Von Mai-Juli ziehen die geschlechtsreifen Weibchen (Rogener) und Männchen (Milchner) in das warme Flachwasser zum Laichen. Während des Liebesreigens stößt das Weibchen ca. 1 Millionen Eier aus, die unmittelbar vom Männchen im Wasser besamt werden. Die befruchteten Eier haften eine Woche an Wasserpflanzen bevor die kleinen Fischlarven schlüpfen.