Tauchrevier Deutschland im Interview mit "Der Taucherblog"

2017 Tauchen im Groß Glienicker See

24.06.2017, Groß Glienicker See (Berlin/Brandenburg)

Manche Entscheidungen für ein Tauchziel werden spontan getroffen. Während ich an der östlichen Peripherie der Bundeshauptstadt Berlin zu Hause bin, liegt am genau anderen Ende der großen Stadt der Groß Glienicker See. Und mir scheint, ich bin der einzige Taucher der Umgebung, der noch nicht den Kopf in dieses Nass gesteckt hat. So erntete ich auch ein ungläubiges Kopfschütteln von meinem Buddy Fred, als ich ihn bat, mir doch einmal diesen für ihn längst nicht unbekannten See zu zeigen.  Mit der Aussage: “Reist in der ganzen Welt rum und kennt nicht die Nahziele.“, willigte er schliesslich ein.



Der Groß Glienicker See, ein eiszeitliches Relikt und Bestandteil der großen glazialen Rinne aus Sacrower See und Heilige See bildet in seiner Nord-Süd-Ausrichtung die Landesgrenze zwischen Berlin und Brandenburg. Das Westufer gehört zum namensgebenden Ortsteil Groß Glienicke Potsdams, während das Ostufer dem Stadtteil Kladow von Spandau zugeschrieben wird. Zu Zeiten des geteilten Deutschlands verlief am Westufer die Grenzmauer zwischen der DDR und West-Berlin. Der See war somit nur den West-Berlinern zugänglich.

Tauchen im Groß Glienicker See

Auf der Berliner Seite befinden sich auch die bekannten und beliebten Taucheinstiege wie „Pferdekoppel“ und „Badestelle Moorloch“, unserem heutigen Einstieg. Während die Sonne heute Urlaub macht, treffen wir uns 9 Uhr an der Badestelle. Einige Tauchschulen und Tauchschüler schlugen bereits ihr Lager auf. Unsere beiden Autos schlossen die letzten Lücken der knappen Parkplätze.

Da stehe ich nun, bereit für den Abstieg in mein erstes Berliner Tauchgewässer. Kaum zu glauben, dabei hat die Hauptstadt einiges vorzuweisen. Entspannt schreiten wir über die Badewiese und schauen auf das Grau der im Wasser sich spiegelnden Wolken. Der sandige Strand fällt flach ab. Zusammengeharkte Haufen von welkem Hornblatt deuten auf ein eher mesotrophes Gewässer. Fred gibt mir ein paar Infos zum Tauchplatz. Wie immer werden sich unsere Wege unter Wasser trennen.

Makrophyten im Groß Glienicker See

Ohne Hektik steigen wir in die Anzüge und Ausrüstung und stehen bis zum Bauch im See. Der Strand beginnt sich zu füllen und die Retter vom benachbarten DLRG nehmen ihre Arbeit auf. Graugänse schimpfen lauthals über das schlechte Wetter. Letzte Hinweise, ein Check und wir sind abgetaucht.

Der sandige Strand geht ab einer Tiefe, in der die Füße der Badenden nicht mehr den Boden reichen, in eine Pflanzenzone über. Raues Hornblatt soweit das Auge reicht. Quälen sich anfänglich noch Halme Zerbrechlicher Armleuchteralgen und Tausendblatt durch das Dickicht, bestimmen nach wenigen Flossenschlägen die Hornblattgewächse das Bild des nährstoffreichen Sees. Die Sicht ist stark getrübt, nicht mehr als 2 Meter.



Ich schlage den Kurs West in Richtung Seemitte ein. Sedimentwolken lassen mich innehalten. Meist sind die Verursacher schnell ausgemacht. Zwei Schleien (Tinca tinca) sind auf Nahrungssuche. Sie stellen sich dabei mit der mächtigen Schwanzflosse auf, drücken ihr kräftiges, bartelbesetztes Maul in den Boden und stützen sich dabei mit den Brustflossen ab. Sie scheinen Taucher gewöhnt und lassen sich von mir nicht wesentlich stören. Schlechte Sicht, aufgewühlte Sedimente und nicht stillhaltende Fotomodelle machen ein Fotografieren nicht einfach. Ich ziehe weiter.

Schlei (Tinca tinca)

Hornblatt, Hornblatt und Hornblatt. Ihr dichter Wuchs erlaubt keinen Blick auf den Boden. Manchmal erscheinen dunkle Schatten vor der Maske, Hinweise auf Strukturen oder Gegenstände. Doch auch diese Gebilde sind Hornblätter. Der durch die Photosynthese produzierte Sauerstoff verfängt sich im dichten Blattwerk der Unterwasserpflanzen, erzeugt Auftrieb und reist so ganze Areale aus dem Boden, die wie kleine Inseln aufschwämmen und gute Versteckmöglichkeiten für Jungfisch wie Plötzen und Flussbarsche bilden. Ich bin gut 30 Minuten auf Kurs und in einer Tiefe von 7 Metern endet der mächtige Pflanzengürtel. Der braune Seegrund, eine dicke wabernde Schicht aus absterbender Biomasse bietet keinen Lebensraum für Schnecken und Muscheln.

Dominierendes Raues Hornblatt

Ich ändere meinen Kurs und drehe auf Nordost ab. Schnell erreiche ich wieder die Pflanzenzone. In Ufernähe begegnen mir die üblichen Vertreter von Weißfischen. Ein Amerikanischer Kamberkrebs hat seine Mühe in dem Krautdickicht. Zwei Schleien kreuzen meinen Weg. Viel mehr bekomme ich heute nicht mehr vor die Maske. Nach 90 Minuten steige aus dem See.

Fred wartet bereits am Auto und kann nicht verstehen, was man bei solchen Bedingungen so lange im Wasser macht. Youtube-Videos vom Groß Glienicker See beweisen, der See kann auch anders. Meine Tauchgänge bestätigen immer wieder, heimische Gewässer muss man entdecken und erkunden, dann geben sie auch ihre Schönheiten preis. Ich werde sicherlich wiederkommen.

Unterwasserwelt Groß Glienicker See

Populäre Tauchplätze wie dieser lassen den See zu einem Tauchertreff werden. Und so wundert es nicht, dass wir bekannte Gesichter treffen und klönen. Vor wenigen Monaten hat am DLRG-Badestrand die Tauchzentrale Berlin eine Tauchbasis eröffnet. Für mich eine gute Gelegenheit, mal vorbeizuschauen. Wer auf Basisinfrastruktur angewiesen ist und Geselligkeit sucht, findet hier eine kleine Oase mit wenigen Schritten zum See.

Tauchzentrale Berlin Tauchbasis

Den Tauchausflug in die Hauptstadt Berlin lassen wir mit einem leckeren Bierchen und Bratkartoffeln in benachbarter Gastronomie entspannt ausklingen. Ein Tag wie er mir gefällt.

Kennt ihr den Groß Glienicker See?

Freue mich auf eure Kommentare, Anmerkungen, Tipps, Links und Bilder.

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Karpfen

Karpfen (Cyprinus carpio)

Wer in unseren heimischen Gewässern taucht, wird ihm ganz sicher schon begegnet sein, dem Karpfen. Eigentlich gehört er gar nicht in unsere Seen und Flüsse. Die ursprüngliche Heimat ist Asien, sind das Kaspische und Schwarze Meer. Seine europaweite Präsenz ist allein auf das menschliche Handeln zurückzuführen. Die Römer und Mönche, so liest man, sollen diesen beliebten Speisefisch nach Europa gebracht haben. Hier fand der recht anspruchslose Friedfisch perfekte Bedingungen und ist nunmehr in beinah jedem Gewässer anzutreffen.



Allerdings wird man meist nur die Zuchtform des Karpfens beobachten können. Der eigentliche Wildkarpfen mit seinem lang gestreckten Körper und der geschlossenen, goldgelben Schuppendecke ist selten geworden.

Spiegelkarpfen in heimischen Gewässern

Als Speisefisch erfolgt die Zucht des Karpfens in Aquakulturen, meist künstlichen Zuchtteichen. Als Schuppenkarpfen, Spiegelkarpfen oder Lederkarpfen werden diese dann vermarktet. Sehr beliebt ist der im hohen Alter sehr vorsichtige Fisch bei Anglern und findet als Besatzfisch so den Weg in unsere heimischen Gewässer. Klassisches Konfliktpotential.

Während die Petrijünger gern reichlich von diesen kapitalen Fischen, sie können bis 1,20 Meter lang und gut 40 Kilogramm schwer werden, in ihren Angelgewässern wissen wollen, verträgt der heimische See mit seiner Pflanzenvielfalt jedoch nur eine begrenzte Anzahl dieser „Wühler“.  Ihnen wird eine Mitschuld an der Eutrophierung, also der Nährstoffanhäufung zugesprochen.

Schuppenkarpfen in heimischen Gewässern

Das Durchwühlen des Grundes nach Fressbarem wie Larven, Muscheln, Würmer (Zoobenthos) setzt gebundene Nährstoffe immer wieder frei, Wasserpflanzen werden ausgerissen und sedimentiert. Deren Wachstum stagniert und ihre wichtige Filterleistung und Sauerstoffproduktion fehlt dem See. Beliebtes Anfüttern und die Ausscheidungen sorgen ebenso für einen Nährstoffzuwachs. Bei meinen Tauchgängen habe ich immer wieder derartige Wühlplätze sehen können. Sie gleichen eher Mondlandschaften. Der nicht unerhebliche Einfluss der Karpfenfische auf das ökologische System ist nicht von der Hand zu weisen. Dennoch kann und werde ich nicht den Fisch verteufeln. Er geht nur seiner Bestimmung nach. Die eigentliche Ursache ist im Handeln von uns Menschen zu suchen.

Kapitale Karpfen

Eine Unterwasserbegegnung mit diesen scheuen Fischen ist für uns Taucher allerdings ein nachhaltiges Erlebnis. Das kann ich nicht verhehlen. Bevor man in Sichtweite zueinander kommt, hat der Karpfen unser Blubbern gehört und entscheidet für sich zu bleiben oder mit einem kräftigen Schlag der Schwanzflosse im Grün des Sees zu verschwinden. In künstlichen Tauchgewässern wie Steinbrüchen werden Karpfen neben Stören gern auch zur Steigerung der Gewässerattraktivität  eingesetzt. Auch hier kann man auf eine weitere Zuchtform des Karpfens, dem Farbkarpfen (Koi) treffen.

Farbkarpfen (Koi) im Steinbruch

Ein markantes Merkmal des Karpfens sind die beiden Barteln an der Oberlippe des Mauls, mit deren Hilfe  Nahrung im Boden aufgespürt wird.  Das Maul lässt sich mehrere Zentimeter rüsselartig ausfahren und saugt gefundenes Futter staubsaugergleich ein.

Von Mai-Juli ziehen die geschlechtsreifen Weibchen (Rogener) und Männchen (Milchner) in das warme Flachwasser zum Laichen. Während des Liebesreigens stößt das Weibchen ca. 1 Millionen Eier aus, die unmittelbar vom Männchen im Wasser besamt werden. Die befruchteten Eier haften eine Woche an Wasserpflanzen bevor die kleinen Fischlarven schlüpfen.

Karpfenartige (Cypriniformes)

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