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2016 Puddingberge Werbellinsee
06.02.2016 Werbellinsee (Brandenburg)
Das Tauchrevier Deutschland ist groß und vielfältig. Eigentlich war ein Abstecher nach Sachsen zum Haussteinsee Steina geplant. Doch dieser Ausflug muss verschoben werden. Wir entscheiden uns aus zeitlichen Gründen für den wunderschönen Werbellinsee und wollen noch einmal die hervorragenden Sichtweiten zu dieser Jahreszeit genießen.
Die Puddingberge sind unser heutiges Ziel. Unterwassererosionen haben eine beeindruckende Landschaft geschaffen. Säulen, Hügel und schroffe Berge ragen 5-6 m aus dem Boden und schaffen so kleine Schluchten und Canyons, die das Tauchen zu einem besonderen Erlebnis machen. Der vollgesogene Mergel verleiht den „Felsformationen“ eine butterweiche Konsistenz, puddinggleich, namensgebend für die Puddingberge im Werbellinsee.
Tauchen im Werbellinsee
Wir verabreden uns am Einstieg „Märchenwiese“. Der Himmel ist grau und es fliegt feucht. Wenn ich auch immer sage, zum Tauchen braucht es kein Wetter, so würden Sonnenstrahlen unser Unterfangen dennoch versüßen. Wir besprechen kurz unseren Tauchgang und steigen in unsere schwarze Kluft. Ein Auto hält. „Du bist doch Mario von Tauchrevier Deutschland.“, spricht mich Marcel an. Ein kurzer Austausch. Derartige Begegnungen an unseren Seen freuen mich.
Die Puddingberge befinden sich auf einer Tiefe zwischen 25 und 30 m. Die Herausforderung besteht in der Distanz und dem Finden. Nicht motorisiert dauert der Weg gut 20 min. Neben unserer D12 führen wir eine Stage mit EAN50 zur Verkürzung der Dekozeit im 4 Grad warmen Wasser mit uns. Check .Wir machen uns voller Freude auf den Weg. Im anfänglich flachen Wasser übertauchen wir Felder von Teichpflaumen, Wiesen von Hahnenfuß und Armleuchterlagen bis wir schließlich ein Zebramuschelfeld erreichen, welches sanft in einen kargen Sedimentboden übergeht. In einer Tiefe von 20m die ersten Unebenheiten und Hügel, dann eine kleine Kante und wir haben die Puddingberge erreicht.
Puddingberge – Monument Valley des Werbellinsees
Die Sicht ist einfach herrlich. Im grünen, klaren Wasser kann man im Schein der Lampe gut vorausschauen. Wir lassen uns von den kleinen Schluchten in Richtung Seemitte führen. Die aufragenden Formationen werden immer größer. Sie erinnern mich an das Monument Valley, nur etwas kleiner. Die deutlich zu erkennenden, horizontalen Sedimentlinien geben den Blick in längst vergangene Zeiten frei. Kleine durch Auswaschungen entstandene Höhlen dienen Fluss- und Kaulbarschen als Winterschlafplatz. Wir sind sichtlich zufrieden und genießen das lautlose Hindurchfliegen. Ich vermag nicht abzuschätzen, wie groß dieses Areal der Puddingberge ist.
Die Zeit vergeht wie immer viel zu schnell. Wir entscheiden uns für den Heimweg. Noch einmal den Kompasskurs abgestimmt und auf geht’s. Auf 20 m kurzer Stopp für den Gaswechsel, dann folgen wir dem sanften Anstieg des Untergrundes und geben mit jedem Atemzug das Stickstoff aus unserem Körper wieder frei. Nach gut 80 min erreichen wir die Oberfläche. Es bedarf keiner Worte, strahlende Gesichter sagen alles.
Was für ein wunderschöner Tauchgang im Tauchrevier Deutschland. Danke Helmut und Heiko.
Kennt Ihr die Puddingberge?
Freue mich auf eure Kommentare, Anmerkungen, Tipps, Links und Bilder.
2015 Werbellinsee XIV
17.11.2015, Werbellinsee (Brandenburg)
Der Werbellinsee in Brandenburg nördlich von Berlin ist nach dem Bodensee das wohl wrackreichste Binnengewässer Deutschlands. Der Grund hierfür liegt in der aufstrebenden Metropole Berlin in unmittelbarer Nähe. Die wachsende Stadt hatte stets Hunger, Baumaterialien für ehrgeizige Bauten mussten aus der Umgebung herangeschafft werden. Feldsteine der eiszeitlichen Endmoräne und Hartbrandziegel der Königlichen Ziegelei Joachimsthal waren begehrte Baustoffe und der Werbellinsee mit dem Finowkanal ideale Wasserstraßen. Sogenannte Kaffenkähne, Lastensegler, waren die LKW’s von gestern.
Nicht alle Kähne erreichten ihr Ziel. Einige von ihnen liegen noch heute auf dem Grund des Werbellinsees und sind interessante Objekte für Taucher, Archäologen, Fotografen und Interessierte. Bin mir gar nicht sicher, ob die Gesamtzahl der gesunkenen Lastensegler wirklich bekannt ist. Ich hatte mal etwas von 12 Wracks gehört. Weiß jemand mehr?
Tauchen im Werbellinsee – Brandenburg
Selbst durfte ich bisher die beiden Kaffenkahnwracks am Dornbusch, das legendäre Ziegelwrack, die fünf Lastensegler in der Bucht um „Kap Horn“ und das Wrack an den „Puddingbergen“ betauchen. Letzteres sollte Ziel unserer heutigen Tauchexpedition sein. Erst- und letztmalig bin ich vor gut einem Jahr zu diesem Zeitzeugen getaucht. Die Herausforderung hierbei besteht im ausdauernden Kurshalten.
So brachen wir also bei herbstlichem Wetter in den Morgenstunden auf und erreichten nach einer guten Stunde Fahrt über die A11 unseren Einstieg am Werbellinsee. Angekommen, erfreuten wir uns dieser wunderbaren Atmosphäre, wenngleich grau und feucht. Wir besprachen unseren Tauchgang, legten die Ausrüstung an und ließen das Gewicht alsbald vom See tragen. Ich kann nicht verstehen, wieso für einige Taucher die Saison im Herbst endet. Erst jetzt zeigen sich unsere Tauchreviere mit unglaublichen Sichtweiten von ihrer schönsten Seite.
Makrophytenpracht im Werbellinsee
Check und wir tauchen ab. Eigentlich ist das Unterfangen ganz einfach. Man muss nur den Kurs einstellen und ihn für gut 25 min halten. Soweit die Theorie. Die Praxis sieht wie immer etwas anders aus. Man hält den Arm mit dem Kompass nicht immer in derselben Position, die rechte Flosse schlägt stärker als die linke, interessante Fotoobjekte lenken ab und mit der Zeit kommen die ersten Zweifel. Das Wissen um die Tiefe des Wracks von 18 m lässt es uns dann aber wirklich finden. Wir freuen uns. Fazit: Vertraue deinen Instrumenten.
Kaffenkahnwrack „Puddingberge“
Aber auch der Weg ist das Ziel. Bei klarem Wasser tauchen wir über Felder von Krebsscheren, Wiesen von Hahnenfuß und Armleuchteralgen und Äckern von Brunnenmoos. Hornblatt und Tausendblatt durchstoßen das Grün und ranken zum Licht. Es ist noch erstaunlich grün, insbesondere der Spreizende Hahnenfuß leuchtet giftig grün. Mit zunehmender Tiefe wechselt das Bild. Riesige Dreikantmuschelkolonien lassen keinen Platz für Makrophyten. Obenauf hält sich der Amerikanische Kamberkrebs gütlich am Muschelfleisch. Es gibt viel zu entdecken und immer den Kompass im Blick.
Die geschlossene Muscheldecke reißt auf, sandiger Boden durchbricht das Braun und bestimmt bald gänzlich den Untergrund. 18 m Tiefe. Wir sind im Zielgebiet. Ein großer, runder Balken erscheint im Schein der Lampen. War es einmal der Mast des Lastenseglers? Wir sind ganz nah. Weiterhin Kurs haltend zeichnet sich eine Silhouette am dunkelgrünen „Horizont“ ab. Der Lastensegler. Das Wrack ist stark sedimentiert. Eine Boardwand, das Heck (oder Bug?) und wenige Spanten, viel ist nicht mehr zu sehen. Wir nehmen uns dennoch Zeit für intensive Beobachtungen.
Mergelwand an den Puddingbergen
Das Wrack liegt an einem Hang, der hinab zu einem Plateau mit den „Puddingbergen“ führt. Wir tauchen hinunter. Die Sicht wird ab 20 m regelrecht schlecht. So entscheiden wir uns, den Hang mit all seinen Löchern und Ritzen zu inspizieren. Vollgesogener, weicher Mergel bietet Krebsen und Schwebgarnelen beste Versteckmöglichkeiten. Vereinzelt dösen Flussbarsche am Grund. 30 min vor uns liegender Rückweg lassen uns den Heimweg antreten.
Zufrieden genießen wir die Eindrücke dieses herrlichen Tauchrevieres, das so voller Leben steckt. Ohrschlammschnecken, Köcherfliegen, Flohkrebse und diverses litorales Zoobenthos fühlen sich hier sichtlich wohl. Im Flachwasser kommen wir an einer seltsamen Ansammlung von braungrünen Kügelchen vorbei. Welle, Wind und Strömung haben diese bizarren Gebilde in großen Flächen zusammengetrieben. Hierbei handelt es sich um Teichpflaumen, im Volksmund auch Hexengespei genannt. Cyanobakterien haben sich zu Kugeln verkettet. Diese Mikroorganismen sind Anzeiger für gute Wasserqualität. Als wertvolle Sauerstoffproduzenten wurden sie zur „Mikrobe des Jahres 2014“ gekührt.
Teichpflaume, Hexengespei
Die Lastensegler des Werbellinsees sind Zeitzeugen und Denkmäler vergangener Zeit. Als solche sind sie von uns Tauchern auch zu behandeln. Der Zustand der Wracks wird mit den Jahren schlechter. Natürliche Verfallprozesse, aber auch Taucher setzen den Kaffenkähnen stark zu. Leider.
Unterwasserimpressionen – Tauchen im Werbellinsee
Schon mal hier gewesen?
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