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Lastensegler des Werbellinsees
„Es ist ein Märchenplatz an dem wir sitzen, denn wir sitzen am Ufer des Werbellin.“, schreibt Theodor Fontane verzückt in seinem Buch „Wanderungen durch die Mark Brandenburg.
Ein Denkmal in Altenhof am Südostufer erinnert an seinen Besuch im Jahr 1862. Und vielleicht hat er sie gesehen. Die Segel gesetzt, den Bauch voller Ladung, geführt von kräftiger Hand des schweigsamen Schiffers. Kaffenkähne. Bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts prägten die hölzernen Lastensegler das Bild des Werbellinsees, einer bedeutenden Wasserstraße. Sie fütterten das unersättliche Berlin mit dringend benötigten Baustoffen wie Ziegel, Ton und Feldsteine. Zu Tausenden passierten sie über die Jahre den Finowkanal in Richtung Süden.
Ziegel-, Kajüt- und Hangwrack
Das schmelzende Eis der letzten Eiszeit hinterließ nicht nur einen zehn Kilometer langen und anderthalb Kilometer breiten Rinnensee, den Werbellinsee, sondern gab auch begehrte Bodenschätze wie Ton und Mergel frei. Im Norden entstand die Königliche Ziegelei Joachimstal und im Süden die Zementfabrik von Bernoully. Sie produzierten für das schnell wachsende Berlin und Umland im Zeitalter der Industrialisierung. Die einzigartigen Segler dienten als Lastenesel für den Transport.
Mit seiner Maximaltiefe von 55 Metern ist der Werbellinsee nach dem Stechlinsee der zweittiefste See Brandenburgs. Flankiert von Hügeln und Wäldern, Buchten und Vorsprüngen treibt der Wind sein listiges Spiel mit den teils überladenen Lastenseglern. Und so wundert es nicht, dass der Werbellinsee zu den wrackreichsten Gewässern Deutschlands zählt. Bis heute noch Bundeswasserstraße erfreut sich der See nicht nur bei Schifffahrtstouristen und Freizeitkapitänen, Badegästen und Wassersportlern, sondern zieht jährlich viele Taucher aus Nah und Fern ob der historischen Unterwasserwracks an.
Lastenseglererkundung mit guten Buddies
Als ich 2009 mit dem Tauchen in unseren heimischen Gewässern begann, konnte auch ich mich den Geschichten um das Tauchen im Werbellinsee nicht entziehen. Tief und dunkel soll es dort unten sein. Wenn vom Wracktauchen im Werbellinsee die Rede war, ging es meist um das bekannteste Wrack am „Dornbusch“, dem beliebten Tauchereinstieg am Westufer des Sees. Das gut erhaltene Wrack liegt in einer Tiefe von 26 – 36 Metern. Ich kann mich noch gut an meinen ersten Sporttauchgang dorthin erinnern. Nach einer gefühlten Unendlichkeit im trüben, dunklen Wasser erschien im Schein meiner kleinen Lampe die mahagoniefarbene Steuerboardwand. Jetzt konnte ich mitreden, schließlich war auch ich am legendären Wrack.
Details des Dornbuschwracks I
Doch erst viel später, nach fortführender Ausbildung und erweiterter Ausrüstung, in der Lage, dekopflichtige Tauchgänge zu planen, musste ich erkennen, dass ich nicht ansatzweise um die Größe und Schönheit dieses einmaligen Zeitzeugen wusste. Mit seinen stolzen 40 Metern Länge liegt der Kahn am Hang und empfängt den Taucher mit aufragender, namensgebender Bugkaffe. Hochgebogene Boden- und Seitenplanken bilden die typische Kaffe der Holzkähne. Spätestens seit meinem Seminar „Schiffsarchäologie“ sind mir Schiffsbauformen, Spanten und Planken in kraweeler oder geklinkerter Bauweise nicht ganz wesensfremd. Vorbei an Winde und Maststuhl taucht man über geladene Feldsteine bis zur eingefallenen Kajüte. Das mächtige Ruder mit seiner ausladenden Pinne ist für mich das schönste Detail dieses beeindruckenden „Dornbuschwracks“.
Das legendäre Dornbuschwrack
An diesen bekannten Tauchplätzen begegnet man vielen Gleichgesinnten. Man tauscht sich aus. Und man hört zu. Ein zweites Wrack soll hier auf einer Tiefe von 33 Metern liegen. Die Kursangaben variieren stark. Doch der Ehrgeiz ist geweckt. Nach mehreren Fehlversuchen finden Buddy „Wolle“ und ich schließlich in nördlicher Richtung das stark sedimentierte Wrack II am „Dornbusch“ in einem weitaus schlechteren Zustand.
Von einem „Ziegelwrack“ ist die Rede, das berüchtigte „Kap Horn“ mit seinem regelrechten Wrackfriedhof und das Wrack an den „Puddingbergen“ tauchen immer wieder in Gesprächen auf. Vereinzelt finden sich bei meinen Recherchen hilfreiche Hinweise im Internet. Doch als zuverlässigste Quelle ergibt sich der Austausch mit „alten Hasen“ vom Werbellinsee, die schon viele Jahre im Werbellinsee taucherisch unterwegs gewesen sind.
Mast-, Puddingberg- und Nordwrack
Auch wenn man eine ungefähre Angabe über den Fundort des Wracks hat, so muss es noch gefunden werden. Das „Ziegelwrack“ und die Wracks um „Kap Horn“ liegen am nordöstlichen Ufer des Werbellinsees. Ein Landzugang ist eingeschränkt bis kaum möglich. Der mit einem guten Kilometer nicht sehr breite See und die mittlerweile verfügbare Scootertechnik erlauben eine Querung.
Buddy „Wolle“ ist glücklicher Besitzer eines leistungsstarken Scooters. An einem kalten Wintertag machen wir uns auf den Weg und queren tandemweise mit seinem Scooter den nördlichen Werbellinsee. Ein spannendes Unterfangen. Folgen wir auf dem Hinweg dem Seegrund, fahren wir in fünf Metern Tiefe zurück. Es bedurfte weiterer Tauchgänge, bis wir endlich das wunderschöne „Ziegelwrack“ bewundern konnten. In 14 Metern Tiefe ruht der Lastenkahn voll beladen mit roten Backsteinziegeln. Zumindest war er mal voll beladen. Das Siegel der „Königlichen Ziegelei“ macht die Ziegel zu einem begehrten Sammlerobjekt. Nicht allen Tauchern scheint bewusst, dass es sich bei den historischen Wracks um Denkmale handelt, die als solche zu behandeln sind. Die beobachteten Veränderungen allein in meiner kurzen Taucherzeit sind sehr bedauerlich.
Ziegelwrack, „Königliches Siegel“, DB Wrack II
Südlich vom „Dornbuschwrack“ liegt an einer ausgeprägten Mergelwand in sportlicher Entfernung das „Puddingbergwrack“. Flösselnd ist man gute 30 Minuten unterwegs. Auch hier führen nicht alle Tauchgänge zum gewünschten Erfolg. Gerade bei schlechten Sichtverhältnissen schießt man schon mal am Ziel vorbei. Überhaupt ist jeder Tauchgang Bestandteil eines Lernprozesses. Die Rückschläge steigern die Freude des Erfolges.
Eine kleine Landzunge am östlichen Ufer des Werbellinsees trägt den deutungsvollen Namen „Kap Horn“. Hier müssen die Windverhältnisse für die Lastensegler besonders tückisch gewesen sein. Fünf Wracks in einer Tiefe von 12 – 27 Metern zeugen von einem nicht ganz ungefährlichen Wasserweg. Ladung und Zustände der gesunkenen Kähne unterscheiden sich stark. Das sogenannte „Kajütwrack“ wartet als einziges Wrack noch mit einer stehenden Kajüte auf, in dem der Schiffer mit seiner Familie lebte. Das „Mastwrack“ verfügt über einen wiederaufgestellten Mast und das „Hangwrack“ liegt mit seiner Tonladung am Hang des Ufers. Zwei weitere Kähne sind stark sedimentiert und ragen teilweise nur noch mit der obersten Boardwand aus dem Grund.
Kap Horn-Wrack, Steinladung und Kaffe
Mit Heiko und Helmut traf ich zwei ebenso leidenschaftliche Taucher und gute Kenner des Werbellinsees. Sie wussten von zwei weiteren Wracks im Norden und Süden zu berichten. Das „Nordwrack“ in einer Tiefe von 6 Metern lässt allerdings nur noch ein Schiff erahnen, allein die Feldsteinladung zeugt von einem Wrack. Muschelbewachsene Planken und Spanten verraten das „Südwrack“ vor Wildau auf 8 Metern Tiefe. Überhaupt lässt sich feststellen, dass der Muschelbewuchs an den Wracks und deren Überreste stark zugenommen hat.
Mittlerweile sind wir alle motorisiert. In den letzten drei Jahren haben wir zahllose, spannende und herausfordernde Tauchgänge zu jeder Jahres- und Tageszeit im Werbellinsee durchgeführt. Es gab Bekanntes und viel Neues zu entdecken. Letzten Winter tauchten wir alle 11 uns bekannten Kaffenkahnwracks ab, um sie bei guter Sicht zu dokumentieren. Dabei stießen wir im Süden auf eine weitere verdächtige Feldsteinladung mit Holzresten. Macht dieser Fund das gute Dutzend voll?
Fischerkahn vor Altenhof
Nicht ganz ohne Stolz blicken wir auf unsere Abenteuer im schönen See Brandenburgs zurück. Wer kann schon von sich behaupten, alle historischen Wracks von Land aus erkundet zu haben. Hinzu kommen ein Einbaum und ein weiteres Dutzend rezenter Wracks wie Kajüt- und Segelboote. Besonders freut uns, das 1974 gesunkene Fischerboot vor Altenhof in diesem Jahr gefunden und als Erste vom Ufer aus betaucht zu haben. Aber das ist eine andere Geschichte.
Bleibt zu hoffen, dass uns die „Schätze“ des Werbellinsees, die Lastensegler aus vergangenen Tagen noch lange erhalten bleiben, wird ihnen doch seit Jahrzehnten mit den verschiedensten Absichten „nachgestellt“.
Text bereits im Fachmagazin „Wetnotes“ Ausgabe #34 (Dezember 2019) erschienen.
Tauchen im Werbellinsee
5. Januar 2018, Werbellinsee (Brandenburg)
Das neue Jahr ist bereits fünf Tage alt, die besinnlichen Feiertage im alten Jahr zurück gelassen und 2018 mit Freunden zünftig begrüßt. Vor zwei Tagen wurde ich zum zweiten Male Großvater. Das Jahr kann nicht schöner beginnen. Jetzt ist es an der Zeit für den ersten Tauchgang im Neuen Jahr, Tauchen Werbellinsee.
Es ist Freitagmorgen, der Himmel ist leicht bedeckt und die Temperaturen klettern auf 5 Grad Celsius. Ich stehe am Nordwestufer des herrlichen Werbellinsees, am beliebten Tauchereinstieg „Dornbusch“. Ich habe keine Ahnung, wie viele Tauchgänge ich im klaren Nass des eiszeitlichen Natursees habe absolviert. Keine Minute der Langenweile, der Enttäuschung. Es gibt Zahlloses zu entdecken. Das Leben unter Wasser folgt dem Zyklus der Jahreszeiten.
Kaffenkahnwrack „Dornbusch“
Mein heutiges Ziel wird das bekannte und beliebte Wrack eines Lastenseglers, Kaffenkahns, sein. Der gut 40 Meter lange, mit Feldsteinen beladene Holzkahn ruht auf einer Mergelbank und fällt mit seinem Heck auf einer Tiefe von 38 Metern ab. Dieser Zeitzeuge menschlichen Strebens ist beliebter Rückzugsort für viele Fische. Wels, Quappe, Kaulbarsch, Flussbarsch, Plötze und Aal konnte ich dort bereits beobachten.
Teltower Kreisblatt vom 26. August 1886:
„Am Sonntag Vormittag ist auf dem Werbellinsee ein mit Steinen beladener Kahn gesunken, wobei leider der betreffende Schiffer, seine Gattin und deren siebzehnjähriger Sohn, die noch im letzten Moment in die Kajüte eilten, um Wertsachen zu retten, ertranken, während es dem Knecht gelang sich in den neben dem sinkenden Fahrzeuge befindlichen kleinen, mit letzterem durch Tau verbundenen Kahn zu retten und durch sofortiges Durchhauen des Taues jede Gefahr von sich selbst zu beseitigen.“
Da ich eine Verweildauer von 40 Minuten am Wrack plane, werde ich zur Verkürzung der Deko im kalten Wasser (5 – 6 Grad) ein EAN50 Gas mitführen. Eine Heizweste vertreibt die einsetzende Kälte. Gute Ausrüstung für Wintertauchgänge in unseren heimischen Seen ist unerlässlich. Ich montiere die Gerätschaften, präpariere meine Kamera und schleppe das Gerödel zum See. Check. Check. Check. Mein Kopf ist unter Wasser und ein breites Grinsen macht sich breit.
Zeitzeugen Lastensegler
Die Sicht ist ausgezeichnet. Der Weg hinab zum Wrack ist schnell getaucht. Flohkrebse, Schlammschnecken und Flusskrebse weiden die großflächigen Muschelkolonien. Nach wenigen Minuten leuchtet das massige Bug, der Kaffen, im Schein meiner Lampe. Flussbarsche bevölkern das Wrack. Ich tauche an der Backbordseite hinab zum Heck, vorbei am mächtigen Maststuhl und der steinigen Ladung. Mein Lichtkegel scannt das Umfeld. Schwaches Tageslicht dringt ob der guten Bedingungen hinab auf den Grund.
Ich erreiche die eingefallene Kajüte. Sie ist abgesehen von kleinen Fischen leer. Unter einem Brett wird das Licht meiner Lampe auffällig reflektiert. Ein junger Wels drückt sich fest in den Spalt. Hier wird er vor den scharfen Schnäbeln hungriger Kormorane sicher sein und den Winter überdauern. Die große Ruderpinne ragt weit in das Boot und endet an einem riesigen Ruderblatt. Das Ruder liegt genau auf einer kleinen Mergelkante. Durchzogene Löcher bieten dem Kamberkrebs Heim und Schutz. Jeder Blick wird belohnt.
Junger Wels, Silurus glanis
Auf die gehofften Begegnungen mit unserem Süßwasserdorsch, der Quappe, muss ich leider verzichten. Eigentlich treffe ich diesen kälteliebenden Fisch immer hier unten. Vielleicht sind sie gerade auf Brautschau, beginnt doch jetzt die aktive Zeit der Tiere.
Ich drehe noch zwei Runden am Wrack, schaue mich ein wenig daneben um und steige wieder auf. Eine kleine Mergelwand auf etwa 20 Metern ist eine ideale Gaswechselstelle. Während ich nun angereichte Luft durch meine Lungen schiebe, um den Stickstoff schneller loszuwerden, begebe ich mich unter Beibehaltung des Dekoplans auf Entdeckertour in flachere Bereiche.
Der Fisch ist verschwunden, die Pflanzen sind welk und dennoch ist jeder Atemzug und Flossenschlag Freude und Entspannung. In kleinen Nischen finden sich Grüppchen von Schwebgarnelen. Bald werden sie wieder in großen Schwärmen durch den Werbellinsee ziehen. Viele Ohrschlammschnecken suchen einander und hinterlassen schnittmusterähnliche Spuren.
Kleines Treiben im Werbellinsee
Ein zappelndes Röhrchen weckt meine Aufmerksamkeit. Ein massiver Kopf im Tigermuster mit kräftigen Zangen verrät eine Köcherfliegenlarve. Aus lebensraumspezifischem Material verklebt sie einen schützenden Köcher für den empfindlichen Hinterleib. Das Beobachten ihres unermüdlichen Treibens lässt die Zeit vergessen. Ich liebe diese fantastischen Kleinigkeiten.
Köcherfliegenlarve
Nach 1 ½ Stunden steige ich aus dem Nass. Drei weitere Taucher haben sich eingefunden, um das Wochenende zu begrüßen. Bekannte Gesichter. Chris und Daniel stecken bereits in ihren Trockentauchanzügen. Martin taucht gerade auf. Während wir uns der nassen Sachen entledigen und in warme Kleidung schlüpfen, tauschen wir uns über das Tauchen in Island, Grönland und im Baikalsee aus. Ein weiterer schöner Tag im Tauchrevier Deutschland. Das Wochenende kann beginnen.
Ihr wart bestimmt schon am Wrack, oder?
Freue mich auf eure Kommentare, Anmerkungen, Tipps, Links und Bilder.
2017 Tauchen im Werbellinsee
17.01.2017, Werbellinsee (Brandenburg)
Der Winter hat das Tauchrevier Deutschland fest im Griff. Die Temperaturen rutschen nachts zweistellig in den Keller. Viele Seen in Brandenburg und Deutschland sind bereits von einer Eisschicht bedeckt, nicht so der Werbellinsee dank seines riesigen Wasserkörpers. Die Sonne entfaltet ungehindert ihre winterliche Kraft am blauen Firmament. Bestes Winterwetter.
Wir verabreden uns zu 10 Uhr am See. Nach einer knappen Stunde Autofahrt sehe ich das Südufer hinter den laublosen Erlen schimmern. Eisfrei? Noch kann ich es nicht richtig erkennen. Mit jeder weiteren Kurve am See wird klar, die Eiskönigin hat das Wasser mit einer dünnen Eisschicht zugedeckt. Die klassischen Einstiege Märchenwiese, Dornbusch und Altes Hotel sind zugefroren. Das Eis wirkt hauchdünn und durchsichtig. Doch ein Tritttest zeigt, dass es bereits gut 1-2 Zentimeter sind.
Werbellinsee Holzablage
Wir versuchen es an der Nordspitze am sonnengefluteten Westufer, der alten Holzablage. Kormorane, Schwäne und Enten verraten uns eisfreie Bereiche. An der alten Holzablage ist das Eis noch gut 15 Meter vom Ufer entfernt. Wir gehen tauchen.
Das Wasser ist glasklar und die Sonne verzaubert die Unterwasserlandschaft. Ich möchte mich unbedingt unterhalb des Eises im See umsehen und so tauchen wir geradewegs unter die Eisschicht. Ein wundervolles Lichtspiel empfängt uns. Die Luftblasen unserer Atemluft perlen wie Quecksilber zwischen Eis und Wasser. Es ist wunderbar, unbeschreiblich. Man muss es einfach tun.
Eistauchen im Werbellinsee
Wir entscheiden uns abzutauchen. Hier hat der See eine Tiefe von 10 Metern. Es ist taghell und man kann endlos schauen. Die zahlreichen Kormorane an der Oberfläche machten Hoffnung auf Fischbegegnungen. Doch Fehlanzeige. Keine Flosse weit und breit zu sehen. Endlose Spuren im Sand deuten auf Leben, auf aktives Treiben. Flusskrebse sind in Paarungslaune und legen für ein Weibchen große Strecken zurück. Manchmal erinnern mich deren Spuren an Schnittmuster einer Schneiderei.
Kamberkrebse Werbellinsee Holzablage
Doch diese dünne Spur stammt definitiv von keinem Krebs. Für wandernde Muscheln ist sie nicht tief genug gefurcht. Wir sehen kein Anfang und kein Ende. Wer hat sich hier im Sand verewigt? In welche Richtung marschiert der Verursacher? Rechts oder links? Wir entscheiden uns für rechts und folgen dem Pfad. Volltreffer. Doch was ist das? Von der Ferne sieht es aus wie ein hoppelnder Tannenzweig. Jetzt erkenne ich es. Eine Köcherfliegenlarve schlägt ihre kräftigen Vorderbeine in den Sand und zieht ihren Körper samt Haus ruckartig nach vorne. Sie scheint es eilig zu haben. Der Tannenzweig entpuppt sich als perfekter Köcher aus filigran aneinander gereihten Hornblattteilen. Ein großartiger Baumeister war hier am Werk.
Köcherfliegenlarve im Werbellinsee
Große Flächen aus plüschigem Gelb erinnern mich an die Schwefelauswaschungen von Braunkohletagebauseen. Sind das Schwefelbakterien? Oder Rückstände von Algen?
Nach einer guten Stunde drehen wir wieder in Richtung Ufer ab. Vereinzelte Holzstämme zeigen an, dass wir uns der alten Holzablage nähern. Jeder feste Gegenstand wird von zahllosen Wasserfiltrierern bevölkert. Unentwegt pumpen die Muscheln Wasser durch ihren Körper. Zwischen ihnen huschen Flohkrebse und Schwebgarnelen. Unsere Seen sind voller Leben.
An den Dalben der Anlegestelle tanzen Trillarden Schwebgarnelen den Sonnentanz. Das sich an den Wellen der Wasseroberfläche brechende Licht lässt sie in allen Regenbogenfarben leuchten. Es ist herrlich.
Tauchen im Werbellinsee Holzablage
Nach gut 90 Minuten signalisiert mein Buddy, dass die Wärmeisolierung seiner Anzug/Unterzieher-Kombination erschöpft ist. Ich liebe meine Heizweste. Wir beenden einen weiteren wunderschönen Tauchgang im wohl schönsten See Brandenburgs.
Mit einem Dekobier in der Hand genießen wir das traumhafte Winterwetter und planen bereits weitere Tauchabenteuer.
Noch nicht im Werbellinsee gewesen?
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2016 Werbellinsee Dornbusch
12.03.2016, Werbellinsee (Brandenburg)
Das weithin bekannte und sicherlich meist betauchte Wrack der im Werbellinsee ruhenden Kaffenkähne ist das Dornbusch Wrack. In einer SW/NO-Ausrichtung liegt es auf einer Tiefe von 26 – 36 m. Unweit dieses Wracks liegt noch ein weiterer Kaffenkahn, das Dornbusch Wrack 2, als Zeitzeuge vergangener Tage auf dem Grund des wunderschönen Werbellinsees.
Einige kennen es, weitaus weniger haben es bisher betaucht. Der Lastensegler liegt in einiger Entfernung in einer Tiefe von etwa 35 m. In der Vergangenheit habe ich wenige Versuche unternommen, es aufzuspüren. Stark sedimentiert soll es sein, nur die Spantenköpfe schauen aus dem Schlick. Man kann es leicht verfehlen, so die Hinweise von Werbellinseekennern. Doch es ist weitaus mehr, wie sich zeigen wird. Zweimal war ich bisher erfolglos unterwegs. Die Ursachen können nur in den schlechten Sichtverhältnissen zu finden sein.
Den See zu erkunden, Neues zu entdecken, auch das macht den Reiz des Tauchens in unserem Tauchrevier. Das Gewässer ist voller Überraschungen.
Werbellinsee Dornbusch
Wir verabreden uns zu einem Erkundungstauchgang. Das Dornbusch Wrack 2 sollte uns dabei nur als Orientierungshilfe dienen und ein Meilenstein auf unserem Tauchgang sein. Die Annahme, 07:30 Uhr als Erster am See zu sein, erwies sich schlechthin als falsch. Eine verrückte Welt.
Gemeinsam mit Buddy Heiko besprachen wir noch einmal den Tauchgang und unsere Suchstrategie. Guter Dinge ist die Ausrüstung schnell zusammengeschraubt und angelegt. Wir planen eine längere Grundzeit auf 30+ und entscheiden uns daher für ein Dekogas EAN50. Eine Verkürzung der Dekozeit ist bei 3-4 Grad Wassertemperatur sehr willkommen.
Check und Abgetaucht. Vorbei an große Dreikantmuschelkolonien erreichen wir schnell unsere Zieltiefe. Nebeneinander tauchend scannen wir mit unseren Tanklampen den Grund nach verdächtigen Auffälligkeiten. Schlick, grau, monoton. Wir sind schon gut 10 min unterwegs. Nichts. Tiefenlinie beibehalten. Vereinzelt tauchen jetzt kleine Barsche im Schein der Lampen auf. Sind Vögel des Matrosen Hoffnung auf Land, so sind Fische gute Anzeiger von Strukturen unter Wasser. Und tatsächlich, schon bald leuchten die Kaffen des alten Wracks mahagonirot im Licht.
Werbellinsee Dornbusch Wrack 2
Für mich ist es immer wieder erhebend, diesen Zeitzeugen in aller Stille zu begegnen. Langsam gleiten wir über das Wrack. Hunderte kleiner Fluss– und Kaulbarsche haben nicht mit unserem Besuch gerechnet und wuseln aufgeregt hin und her. Dabei hüllen sie das Wrack in einen leichten Nebel. Der Kaffenkahn ruht tief versunken. Der Maststuhl ragt nur wenige Zentimeter aus dem Sediment. Wir lassen uns in den Bann der alten Dame ziehen und genießen diese friedliche Stille.
Wie geplant lassen wir das Wrack hinter uns und ziehen weiter. Schon bald begegnen wir einem riesigen Schwarm halbstarker Flussbarsche. In der Dunkelheit der Tiefe eine Begegnung der ganz besonderen Art. Schon bald sind wir Bestandteil des Schwarms. Es ist einfach wunderbar.
Fauna im Werbellinsee
Die Uhr tickt, das Gewebe lädt sich auf und das Gas nimmt ab. Wir machen uns auf den Rückweg, wechseln das Gas und verbringen die Dekozeit über große Muschelbänke. Ein vielfältiger Lebensraum. Dreistachlige Stichlinge ruhen unauffällig im Schutz der Muscheln, Ohrschlammschnecken sind beschäftigt unterwegs, die ersten Süßwasserschwämme beginnen sich zu formieren. Unser eigentliches Ziel haben wir nicht erreicht. Aber das ist nicht schlimm. Der Weg ist das Ziel. Wir versuchen es wieder. Zufrieden steigen wir aus dem Nass und erfreuen uns noch eine Weile an dem Erlebten. Tauchen in Deutschland ist faszinierend schön.
Kennt Ihr das Dornbusch Wrack 2?
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2016 Puddingberge Werbellinsee
06.02.2016 Werbellinsee (Brandenburg)
Das Tauchrevier Deutschland ist groß und vielfältig. Eigentlich war ein Abstecher nach Sachsen zum Haussteinsee Steina geplant. Doch dieser Ausflug muss verschoben werden. Wir entscheiden uns aus zeitlichen Gründen für den wunderschönen Werbellinsee und wollen noch einmal die hervorragenden Sichtweiten zu dieser Jahreszeit genießen.
Die Puddingberge sind unser heutiges Ziel. Unterwassererosionen haben eine beeindruckende Landschaft geschaffen. Säulen, Hügel und schroffe Berge ragen 5-6 m aus dem Boden und schaffen so kleine Schluchten und Canyons, die das Tauchen zu einem besonderen Erlebnis machen. Der vollgesogene Mergel verleiht den „Felsformationen“ eine butterweiche Konsistenz, puddinggleich, namensgebend für die Puddingberge im Werbellinsee.
Tauchen im Werbellinsee
Wir verabreden uns am Einstieg „Märchenwiese“. Der Himmel ist grau und es fliegt feucht. Wenn ich auch immer sage, zum Tauchen braucht es kein Wetter, so würden Sonnenstrahlen unser Unterfangen dennoch versüßen. Wir besprechen kurz unseren Tauchgang und steigen in unsere schwarze Kluft. Ein Auto hält. „Du bist doch Mario von Tauchrevier Deutschland.“, spricht mich Marcel an. Ein kurzer Austausch. Derartige Begegnungen an unseren Seen freuen mich.
Die Puddingberge befinden sich auf einer Tiefe zwischen 25 und 30 m. Die Herausforderung besteht in der Distanz und dem Finden. Nicht motorisiert dauert der Weg gut 20 min. Neben unserer D12 führen wir eine Stage mit EAN50 zur Verkürzung der Dekozeit im 4 Grad warmen Wasser mit uns. Check .Wir machen uns voller Freude auf den Weg. Im anfänglich flachen Wasser übertauchen wir Felder von Teichpflaumen, Wiesen von Hahnenfuß und Armleuchterlagen bis wir schließlich ein Zebramuschelfeld erreichen, welches sanft in einen kargen Sedimentboden übergeht. In einer Tiefe von 20m die ersten Unebenheiten und Hügel, dann eine kleine Kante und wir haben die Puddingberge erreicht.
Puddingberge – Monument Valley des Werbellinsees
Die Sicht ist einfach herrlich. Im grünen, klaren Wasser kann man im Schein der Lampe gut vorausschauen. Wir lassen uns von den kleinen Schluchten in Richtung Seemitte führen. Die aufragenden Formationen werden immer größer. Sie erinnern mich an das Monument Valley, nur etwas kleiner. Die deutlich zu erkennenden, horizontalen Sedimentlinien geben den Blick in längst vergangene Zeiten frei. Kleine durch Auswaschungen entstandene Höhlen dienen Fluss- und Kaulbarschen als Winterschlafplatz. Wir sind sichtlich zufrieden und genießen das lautlose Hindurchfliegen. Ich vermag nicht abzuschätzen, wie groß dieses Areal der Puddingberge ist.
Die Zeit vergeht wie immer viel zu schnell. Wir entscheiden uns für den Heimweg. Noch einmal den Kompasskurs abgestimmt und auf geht’s. Auf 20 m kurzer Stopp für den Gaswechsel, dann folgen wir dem sanften Anstieg des Untergrundes und geben mit jedem Atemzug das Stickstoff aus unserem Körper wieder frei. Nach gut 80 min erreichen wir die Oberfläche. Es bedarf keiner Worte, strahlende Gesichter sagen alles.
Was für ein wunderschöner Tauchgang im Tauchrevier Deutschland. Danke Helmut und Heiko.
Kennt Ihr die Puddingberge?
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2016 Werbellinsee
22.01.2016, Werbellinsee (Brandenburg)
Fred ließ mich wissen, dass er ein paar Tage frei hat. Das schreit regelrecht nach Tauchen. Die frostigen Temperaturen der letzten Wintertage habe viele Seen in unmittelbarer Umgebung zufrieren lassen. Viele, jedoch nicht alle.
Dank des großen Wasserkörpers und der damit verbundenen Wärmespeicherkapazität kräuselt sich die Wasseroberfläche des Werbellinsees im Spiel des Windes. Eisfrei. Das winterliche Wetter ist kaiserlich. Sonne satt. Luft -7 Grad, Wasser 3 – 4 Grad. Tauchen im Werbellinsee. Was sonst. Die Männerverabredung ist schnell getroffen. 11:30 Uhr am Werbellinsee.
Beim Tauchen im Werbellinsee erwischt
Bin schon wenige Minuten früher da und kann mich kaum an dem herrlichen Anblick des Sees satt sehen. Das Wasser funkelt kristallklar in der Sonne. Kormorane jagen den Fischen hinterher und trocknen ihr Gefieder im Schein der Sonne. Rotkehlchen und Zaunkönig suchen eifrig im Schnee nach der letzten Saat des Herbstes. Auch wenn die Kälte an der Nase zwackt, es ist einfach schön. Fred kommt.
Wie immer gibt’s einen kleinen Schnack. Fred möchte seine neue Errungenschaft, eine neue Unterwasserkamera testen. Wie immer verabreden wir zwei Solotauchgänge. Das Tauchgebiet ist abgesteckt. Wir wollen die beiden Wracks am „Alten Hotel“ aufsuchen. Das Anrödeln braucht seine Zeit. Ich habe den Eindruck, es wird immer mehr Zeug.
Eigentlich könnten wir jetzt ins Wasser, wenn sich nicht dieser dominante und fauchende Schwan uns in den Weg stellen würde. Ich bin größer und schwarz, also furchterregend. Stört ihn nicht. Fred ist noch größer. Der Schwan pocht auf sein Hausrecht. Verdammt. Es beginnt ein Kampf um jeden Zentimeter. Dann gibt der Klügere nach und wir können ins Wasser.
Tauchen im Werbellinsee
Ich tauche ein und reflexartig ziehen sich die Mundwinkel zu einem breiten Grinsen. Die Sonnenstrahlen tanzen im Wasser über die Winterwiese von Armleuchteralgen. Teichpflaumen (Cyanobakterien) wiegen in der leichten Brandung hin und her. Die Sichtweiten sind phänomenal. Ich rüttle mich zurecht. Checke meine Ausrüstung und auf geht’s.
Das erste kleine Wrack ist schnell gefunden und erreicht. Ein kleines Kajütboot. Ich komme näher und sehe das Boot in einem großen Nebelschleier eingetaucht. Ich freue mich. Ja, es sind Schwebgarnelen. Tausende, Abertausende von kleinen rosaschimmernden Süßwassergarnelen. Waren sie hier häufig in kleinen Ritzen, Löchern und Buchten zu finden, so haben sie sich in einer gigantischen Wolke vereint. Wie schaffen die das, ohne Smartphone, Whatsapp zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort? Magie? Oder doch Biochemie? Gehört das zum Paarungsritual? Derartige Garnelenwolken konnte ich zu dieser Jahreszeit bereits zweimal auch in anderen Seen beobachten. Gut gewählter Zeitpunkt. Die Fressfeinde dösen alle im Winterschlaf am Seegrund.
Wracks am „Alten Hotel“
Die gesamte Kajüte ist ein Meer von Garnelen. Wie wundervoll anzusehen. Fred trifft ein. Ich deute ihm die Garnelenwolken. Keine Emotionen. OK. Beeindruckt ihn nicht sonderlich. Ich deute erneut. Jetzt sehe ich sich seine Augen hinter dem Maskenglas weiten. Wir umkreisen das Wrack mehrfach. Ideale Bedingungen für Kameratests.
Mich zieht es weiter zum zweiten Wrack in Richtung Seemitte. Unendliche Sichtweiten. Das Wrack taucht auch bald auf. Hier ist es allerdings ruhiger. Konnten sonst zahlreiche Flussbarsche beobachtet werden, ist die Kajüte leer. Allein eine Güster oder ein Blei kauert unter dem Rumpf und wartet auf den Frühling. Auch Fred erscheint. So klar und deutlich konnte ich das Boot bisher nie sehen. Während Fred zurück zum ersten Wrack taucht, zieht es mich weiter in die Seemitte. Nach wenigen Minuten stoße ich auf mit rot-weißem Flatterband abgesteckte Areale. Was ist das? Es erschliesst sich mir nicht. Kolonien von Süßwasserpolypen bevölkern das Absperrband. Fester Grund ist auf dem sandigen Boden Mangelware. Ich halte inne, liege einfach nur so da in der Wassersäule und erfreue mich des Lebens. Tauchen im Werbellinsee ist wunderbar.
Schwebgarnelen im Werbellinsee
Dann tauche ich zurück, schaue noch einmal bei den Garnelen vorbei und bin begeistert vom Sonnenspiel im flachen, klaren Wasser. Nach 100 min entsteige ich dem See. Fred wartet bereits. Bevor ich einfriere, befreie ich mich von Ausrüstung und Anzug. Beim Fischer lassen wir diesen schönen Tag mit Räucherfisch und Kaffee/Kakao ausklingen.
Unterwasserimpressionen Werbellinsee
Schon mal am „Alten Hotel“ gewesen?
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2015 Werbellinsee XI
09.07.2015, Werbellinsee (Brandenburg)
Mich zieht es immer wieder zu dem wunderschönen Natursee oberhalb Berlins. Der Werbellinsee ist so vielfältig, facettenreich und derart lebendig. Die Sichtweiten sind garantiert überdurchschnittlich und mögliche Einstiege zahlreich vorhanden. Danke letzte Eiszeit.
Nicht nur die vielen Armleuchteralgen, die Süßwassergarnelen, auch die kleinen, flinken Steinbeißer sind Indikatoren einer guten und gesunden Wasserqualität. Ihr Lebensraum sind sandige Böden, kein Modder und Schlamm. Aber nicht nur Naturliebhaber kommen hier auf ihre Kosten. Zahlreiche gesunkene Lastensegler, die Baumaterial wie Tonziegel der „Königlichen Ziegelei“ und Feldsteine nach Berlin transportierten, lassen das Herz von Wracktauchern und Entdeckern höher schlagen.
Wen also wundert’s, dass es mich wieder an die Ufer dieser Brandenburger Perle verschlagen hat.
Ich tauche ab und werde mit offenen Armen empfangen. Ganze Wiesen von „blühenden“ Hornblättriger Armleuchteralge (auch Geweih-Armleuchteralge genannt) strahlen im eintauchenden Sonnenlicht. Die orangerot leuchtenden männlichen Geschlechtsorgane dieser wunderschönen Pflanzen sind eine Augenweide. Zwischen ihnen huschen Stichlinge, Flußbarsche und Plötzen hin und her.
Hornblättrige Armleuchteralge (Chara tomentosa)
Mit 22 Grad ist das Oberflächenwasser ganz schön warm. Mich zieht es ein wenig tiefer. Sandige Freiflächen umrahmt von verschiedenen Wasserpflanzen deuten auf den Lebensraum der bereits erwähnten Steinbeißer. Einige Spuren im Sand kann ich entdecken. Wenn die kleinen Fische ruhig verharren, sind sie in ihrem Tarnkleid kaum auszumachen. In der Regel bemerken die Dorngrundeln, wie sie auch genannt werden, uns Taucher viel eher und nur ihr „Davonhuschen“ lässt sie uns erkennen. Einmal ausgemacht, versuche ich mich den Tieren mit meiner Sealife zu nähern. Es beginnt ein Katz-und-Maus-Spiel. Meist bin ich der Verlierer.
Steinbeißer, Dorngrundel
Kleine Grashechte nutzen ebenso das intakte Grün für ihre Raubzüge. Diesen perfekten Jägern könnt‘ ich stundenlang zuschauen. So klein und doch so groß.
Wie immer rast auch diesmal die Zeit. Ich drehe um und tauche langsam zurück. Auftauchen mag ich jedoch noch nicht. Das klare Wasser lässt mich weiter hinab tauchen. Ab 15m sind kaum noch Schwebteilchen auszumachen. Das Wasser kühlt sich deutlich ab. Auf 25m sind dann nur noch 8 Grad. Ich genieße es in meinem Trockenanzug. In dieser Tiefe komme ich an wundervoll geformte Mergelwände. Die vielen kleinen Löcher und Höhlen lassen das ganze wie einen Schweizer Käse aussehen. Gern ruhen hier Quappen. Ich kann dieses Mal jedoch keine aus machen.
Ich lege mich vor einer Wand in die Wassersäule und erfreue ich mit jedem Atemzug dieses herrlichen Anblicks. Kennt ihr das? Ich bin einfach nur zufrieden.
Nach 2h neigt sich jedoch mein Gasvorrat zur Neige und ich steige auf. Ich liebe das Tauchrevier Deutschland.
Unterwasserimpressionen Werbellinsee
Was ist Euer Lieblingssee?
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2015 Werbellinsee IX
31.05.2015, Werbellinsee (Brandenburg)
Heute haben wir die Kaffenkahnwracks am „Kap Horn“, dem Nordostufer des Werbellinsees betaucht.
Vier auf einen Streich!
Bei meinem letzten Besuch am „Kap Horn“ konnten wir nicht eintauchen in das klare Wasser, da mein Buddy seine Flossen daheim vergessen hatte. Heute hätte uns meine Vergesslichkeit fast um einen wundervollen Tauchgang gebracht. Mein Rückenblei (V-Weight) war einfach nicht an seinem Platz, sondern lag noch in meiner 90km entfernten Garage. Ich konnt’s nicht glauben. Soll etwa für mich ein Fluch über „Kap Horn“ liegen? Zu meinem Glück veranstalteten Tauchfreunde das Sumatec-Tauchcamp in unmittelbarer Nähe, also kurzerhand vorbei spaziert. Vielen Dank Andreas für’s Aushelfen. Mein Tag war gerettet.
Gut gelaunt begannen die Vorbereitungen auf den geplanten Deko-Tauchgang. Unser Ziel war der Besuch der vier um „Kap Horn“ gesunkenen Kaffenkähne. Man sagt, dass sich die Winde um „Kap Horn“, einer kleinen Landzunge, brechen und den Lastenseglern zum Verhängnis wurden.
Die Maximaltiefe wird bei 28m liegen. Die Herausforderung sind die Distanzen zwischen den Kähnen, die wir ohne Scooter zu bewältigen haben. Wir gehen von einer Grundzeit von 45min auf einer Tiefe von 25m aus.
Das erste Wrack liegt dicht am Ufer und bei 14m Tiefe schnell erreicht. Es ist stark sedimentiert. Wir halten uns hier nicht lange auf. Es geht weiter zu den nächsten Wracks. Nach etwa 10min Tauchzeit zeichnet sich im Grün des Wassers ein Schatten ab. Volltreffer. Dieses mir als Mastenwrack bekannte Schiff ruht mächtig auf dem Grund des Werbellinsees. Die schnabelförmige Vorderkaffe ragt zur Oberfläche. Dieses Wrack liegt auf 24m und nicht allein. Vom Heck des Lastenkahns sieht man bereits die Vorderkaffe des Wracks auf 22m. Von diesem Kahn ist jedoch nicht mehr viel übrig. Wir schauen uns ein wenig um, bevor wir entscheiden, unseren Weg fortzusetzen, zum Wrack Nr. 4 auf 27m. Dieses sogenannte Kajütwrack, konnte wohl vor einiger Zeit mit einer recht intakten Kajüte aufwarten. Dem ist heute nicht mehr ganz so. Die Kajüte des Bootsführers ist leicht eingefallen.
600. Tauchgang. Tauchrevier Deutschland
Es ist immer wieder erhebend, diese Zeitzeugen zu betauchen, auch wenn meine Bilder mit der Sealife diese tolle Atmosphäre in keinster Weise einfangen kann. Eigentlich war für den Rückweg der Besuch eines weiteren Wracks auf 12m vorgesehen. Ein ungeplantes Projekt, die Bergung einer alten Markierungsboje mit gut 30m Seil aus dem Schlick, das Aufschießen und Mitführen dieser hielt uns vom eigentlichen Vorhaben ab :-).
Es war wie immer wunderschön, auch wenn wir diesmal ziemlich Strecke machen mussten. Unsere Dekozeit hingen wir über Wasserpest, Hornblatt und erstaunlich vielen Fadenalgen ab, dazwischen Ohrschlammschnecken, Steinbeißer, Flußkrebse und vereinzelt Plötze und Flußbarsch. 110min pure Tauchfreude.
Ein kurzes Debriefing, wie ist es gelaufen, was können wir besser machen? Kommunikation unter Wasser ist mitunter recht herausfordernd. Toller Tauchgang im Tauchrevier Deutschland, Danke Heiko. Und nochmals Danke Andreas für das V-Weight.
Kaffenkahnwracks am „Kap Horn“
Kaffenkahnwracks um „Kap Horn“
Freue mich auf eure Kommentare, Anmerkungen, Tipps, Links und Bilder.